Sollen die Primarschüler eine oder zwei Fremdsprachen lernen? Im Grunde hatten sich die Kantone 2004 auf zwei geeinigt. Nun hat aber der Kanton Thurgau vor drei Monaten beschlossen, Französisch erst ab der Oberstufe zu unterrichten.
Deshalb will der Bund die Kantone falls nötig zwingen, bei zwei Fremdsprachen in der Primarschule zu bleiben. Zwingen sei gar nicht möglich, sagt nun Andreas Glaser, Professor für Staatsrecht an der Universität Zürich.
Zwar hätten sich die Kantone auf den Fremdsprachenkompromiss verständigt, so Glaser. Die Regelung von zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe wurde anschliessend im Harmos-Konkordat rechtlich bindend. Es gebe aber auch zahlreiche Kantone, die diesem Harmos-Konkordat nicht zugestimmt haben, argumentiert er. Diese hätten die Fremdsprachen-Strategie nicht in ihr Recht aufgenommen. Zu diesen Kantonen gehört der Thurgau.
Damit widerspricht der Staatsrechtler dem Bund. Dieser hält in einem Bericht fest, dass sich auch Nicht-Harmos-Kantone an den Harmos-Beschlüssen orientieren müssten. Glaser hingegen sagt, dass es eine Anpassung des Sprachengesetzes bräuchte, um zu verhindern, dass Kantone ausscheren: «Will man diesen Vorgang verhindern, muss man zu einem Bundesgesetz greifen.» Diesen Weg schlägt auch der Bundesrat vor.
Lehrerverband steht hinter Berset
Beat Zemp, Präsident des Schweizer Lehrerverbandes, glaubt nicht, dass es zwingend eine Anpassung des Gesetzes brauche. Er ist der Ansicht, dass ein Eingriff des Bundes bereits durch die Bundesverfassung gerechtfertigt ist.In der Verfassung «steht ganz klar drin, dass die Ziele der Bildungsstufe zu harmonisieren seien. Das heisst, dass am Ende der Primarschule alle die gleiche Kompetenz erreicht haben sollten», so Zemp. Würden der Thurgau und andere Kantone das Frühfranzösisch einfach streichen, wäre das nicht der Fall.
Zemp begrüsst deshalb ausdrücklich, dass Bildungsminister Berset Druck auf die Kantone ausübt. Damit stellt sich der oberste Lehrer gegen den Präsidenten der kantonalen Erziehungsdirektoren: Christoph Eymann hatte letzte Woche ausdrücklich vor einem Durchgreifen des Bundes gewarnt.