Diese beiden Zugfahrten waren in keinem Fahrplan vorgesehen: Innerhalb eines Monates sind im vorletzten Jahr in der Schweiz gleich zwei Mal Lokomotiven für Strolchenfahrten entwendet worden. Die beiden Vorfälle, die bis heute nicht publik gemacht worden sind, werden von der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle SUST bestätigt.
Schweres Unglück verhindert
Am 25. April 2011 sei es Unbefugten gelungen, im Rangierbahnhof Winterthur eine Rangierlok Tm 232 der SBB in Betrieb zu nehmen und damit herumzufahren, sagt Walter Kobelt. Er ist Leiter des Bereichs Bahnen und Schiffe bei der SUST. Die Lok sei entgleist, weil eine Weiche falsch gestellt war.
Kurz darauf, am 28. Mai 2011, schlugen Unbekannte im Rangierbahnhof Limmattal zu. Diesmal setzten sie gleich zwei aneinander gehängte Loks – eine Re 4/4 und eine Re 6/6 der SBB – in Bewegung. Auch dieser Lokdiebstahl endete abrupt: Die Lokomotiven seien in einen Abschnitt ohne Strom hineingefahren, erklärt Kobelt. Dabei sei der Stromabnehmer vom Dach der Lok heruntergerissen worden.
In beiden Fällen konnte glücklicherweise ein schweres Zugunglück verhindert werden. Sowohl in Winterthur wie auch im Limmattal seien die Rangierlokomotiven nie in die Nähe des befahrenen Streckennetzes gekommen, bestätigt der SUST-Leiter. Trotzdem stellt sich die Frage: Wie leicht ist es denn eigentlich, in der Schweiz eine Lokomotive zu entwenden und damit herumzufahren?
Lokomotiven nur schlecht gesichert
Noch bis vor kurzem seien die Fahrzeuge tatsächlich schlecht gesichert gewesen, bestätigt Kobelt. Die Führerstände seien lediglich mit einfachen Schlössern abgeschlossen worden. Und weil es bei einer Lokomotive keinen individuellen Zündschlüssel wie bei einem Auto braucht, haben Kenntnisse zum Steuern einer Lok genügt, um illegal ein Fahrzeug in Bewegung zu setzen.
Inzwischen ist das Bundesamt für Verkehr (BAV) aktiv geworden, nachdem es im letzten Jahr über die beiden Diebstähle informiert wurde. Dies vor allem auch, weil es bereits früher ähnliche Vorfälle gegeben habe, sagt BAV-Sprecher Andreas Windlinger. Das BAV habe die Bahnbetreiber deshalb im vergangenen November angeschrieben mit der Aufforderung, Vorkehrungen zur Verhinderung solcher Fälle zu treffen.
Fahrzeuge besser abschliessen
Konkret habe man den Bahnen zwei Empfehlungen gemacht: Die Fahrzeuge sollten immer gut abgeschlossen werden. Falls dies nicht möglich sei, sollten sie in Garagen oder Depots abgestellt werden, wenn sie nicht gebraucht würden, ergänzt Windlinger.
Wie SRF von Lokomotivführern weiss, sind diese Empfehlungen allerdings nach wie vor nicht überall umgesetzt worden.