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Schüler sitzen mit erhobener Hand im Saal des Nationalrates im Bundeshaus in Bern.
Legende: Abstimmen wie die Parlamentarier: Bei den Jungen soll das Interesse an Politik geweckt werden. Keystone/Archiv

Schweiz Staatskundeunterricht mit Luft nach oben

Was macht der Bundesrat? Welches sind die Unterschiede zwischen National- und Ständerat? Wer zieht die politischen Fäden in der Schweiz? Scheinbar einfache Fragen, die in der Schule behandelt werden sollen. Experten der Universität Bern sagen nun: Da gibt es Verbesserungspotenzial.

146 Lehrpläne für die Sekundarstufe II – also etwa für Gymnasien oder Berufsfachschulen – haben Isabelle Stadelmann und ihr Team von der Universität Bern unter die Lupe genommen. Zudem haben sie überprüft, wie diese Vorgaben in den Schulzimmern konkret umgesetzt werden. Sie kommen zum Schluss, dass es um den Staatskundeunterricht an Schweizer Schulen nicht so schlecht steht – aber auch nicht zum besten.

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulen und Schultypen seien riesig, so Stadelmann. Und überraschend: So wäre etwa zu erwarten, dass Gymnasien ein grösseres Gewicht auf Staatskundeunterricht legen als Berufsfachschulen, weil Gymnasiasten mehr Zeit im Schulzimmer verbringen als Berufsschüler. Doch gerade das Gegenteil sei der Fall, so Stadelmann: «Die gymnasialen Lehrpläne schneiden im Durchschnitt eher schlechter ab, als viele Lehrpläne von Berufsschulen vor allem mit Berufsmatur.»

Erklären lässt sich das damit, dass der Lehrplan für Gymnasien viel älter ist, als jener für Schulen, die zur Berufsmaturität führen. Politische Bildung aber sei vor allem in jüngerer Zeit wichtig geworden, sagt Stadelmann. Und das spiegle sich im Lehrplan.

Neue Schwerpunkte

Zweiter, eher überraschender Unterschied: Bislang ging man davon aus, in der Romandie geniesse der Staatskundeunterricht traditionell einen höheren Stellenwert als in der Deutschschweiz. Doch Stadelmann sagt nun: «Wir finden, dass die Deutschschweizer Lehrpläne im Durchschnitt etwas besser abschneiden.» Das hänge damit zusammen, dass man politische Bildung früher und heute nicht mehr gleich definiere.

Sei es früher vor allem darum gegangen, Wissen zu vermitteln, sei es heute auch wichtig, das Interesse am Thema Politik zu wecken. Und da schneiden Deutschschweizer Gymnasien und Berufsfachschulen besser ab.

Wenig politischer Wille

Beim Staatskundeunterricht bleibe noch einiges zu tun, schliesst Stadelmann. Zwar forderten Politiker immer wieder mehr politische Bildung, doch gebe es «wenig Hinweise dafür, dass die Politik dazu bereit wäre, aktiv Massnahmen zu ergreifen.» Kurz: Auf Forderungen folgen kaum je konkrete Massnahmen.

Der Bundesrat nimmt sich die Ratschläge wenigstens ein Stück weit zu Herzen: Er will prüfen, ob gesamtschweizerische Musterlehrpläne dem Staatskundeunterricht etwas bringen könnten. Zudem sollen Lehrpersonen an Weiterbildungen noch stärker darauf aufmerksam gemacht werden, wie wichtig Staatskundeunterricht ist.

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