«Weltwoche»-Besitzer Roger Köppel will sich für die SVP in den Nationalrat wählen lassen. Seine Wahlchancen stehen nach Einschätzung von Beobachtern gut. Doch was sind Köppels langfristige Pläne? Liebäugelt er gar mit dem Bundesratsamt? Eine Einschätzung von Inlandredaktor Max Akermann.
SRF News: Christoph Blocher und Roger Köppel sind doch sehr unterschiedlich. Wie soll das gehen: Köppel als der neue Blocher?
Max Akermann: Die beiden sind sich in vieler Hinsicht sehr ähnlich, vor allem in ihren politischen Positionen. Beide sind Vordenker in ihrer Partei, durchaus originelle Denker. Sie sind Intellektuelle in dem Sinn, dass sie gesellschaftliche Zustände analysieren, hinterfragen und dann auch verändern wollen. Dabei schrecken sie auch nicht vor polemisch geführten Debatten zurück. Allerdings gibt es auch grosse Unterschiede, vor allem im Auftreten: Köppel wirkt wie ein vorwitziger, blitzgescheiter Musterschüler. Einer, dem man gerne die Hausaufgaben abschreibt, den man aber lieber nicht zur Klassenfete einlädt. Ein leutseliger Volkstribun wie Blocher wird Köppel wohl nie.
Die SVP hat noch immer den Groove von «Buure Z'morge». Könnte der Einstieg Köppels der Anfang eines Zeitenwandels bei der SVP bedeuten?
Die SVP ist schon längst nicht mehr ausschliesslich die Bauern- und Gewerbepartei, aus der sie hervorgegangen ist. Das Bodenständige und Hemdsärmlige wird zwar bewusst gepflegt, auch das Anti-Intellektuelle. Das Bild von den «Mannen und Frauen im Volk unten versus der Classe Politique dort oben» bedient die Wünsche einer stattlichen Klientel. Doch gelenkt und geführt wird die Partei schon längst auch von Intellektuellen und sehr gut vernetzten Mitgliedern der Classe Politique.
Welche Namen muss man dazu erwähnen?
Unter Übervater Blocher ist eine ganze Generation von intellektuellen Neokonservativen herangewachsen. Christoph Mörgeli war wohl einer der ersten. Inzwischen sitzt auch der Jurist Gregor Rutz im Nationalrat, nachdem er als Generalsekretär der Partei über Jahre die Fäden mitgesponnen hatte. Im Nationalrat politisieren auch Leute wie Thomas Aeschi, Ökonom und Harvard-Absolvent, der Weltwoche-Journalist und Historiker Peter Keller und vielleicht bald Hans-Ueli Vogt, falls der offen schwule Rechtsprofessor nicht sogar in den Ständerat gewählt wird. Es sind solche Leute, die in der SVP ganz stark an den Fäden ziehen. Das erinnert mich an die USA, wo die Tea Party immer als rechte Volksbewegung hingestellt wird, in Wahrheit aber stark von rechtskonservativen Intellektuellen geprägt ist.
Sie waren während Jahren USA-Korrespondent für Radio SRF. Wie meinen Sie diesen Vergleich mit der Tea Party?
Die Tea Party wird meist als Bewegung der Zu-kurz-Gekommenen hingestellt. Wutbürger, die gegen Ausländer wettern und den Staatsapparat am liebsten abschaffen würden. Doch das ist nur die eine Seite dieser Bewegung. Die andere Seite sind superreiche Unterstützer, die ganz weit oben in der gesellschaftlichen Hierarchie sitzen. So etwa die Koch-Brüder, welche schon hunderte Millionen Dollar in die Bewegung gesteckt haben. Dazu gehören auch neokonservative Ideologen wie Eric Cantor. Er war bis vor kurzem die Nummer zwei der Republikaner im Reprtäsentantenhaus. Oder Paul Ryan, der letzte republikanische Vizepräsidentschaftskandidat, und der texanische Senator Ted Cruz. Sie sind allesamt hoch gebildete Ideologen, geschickte Strategen und erfolgreiche Politiker. Amerikanische Köppels sozusagen.
Bereits wird in den Medien von einem Bundesrat Köppel spekuliert. Können Sie sich das vorstellen?
Vorstellen schon. Aber bei allem Respekt vor den Strategiekünsten Köppels und der SVP: Bundesrat ist ein Amt, das sich kaum planen lässt. Vielleicht will Köppel Bundesrat werden, vielleicht wäre er auch fähig dazu. Doch ob er es je wird, ist schlicht nicht vorhersehbar.
Das Gespräch führte Peter Voegeli.