Zum Inhalt springen

Schweiz Swisscom-Privatisierung als Zankapfel

Die Volksinitiative «Pro Service public» wurde gestern abgelehnt. Die politischen Parteien haben die Initiative geschlossen bekämpft. Doch wie die Zukunft des Service public aussehen soll – da gehen die Meinungen auseinander. Ein Streitpunkt ist die mögliche Privatisierung der Swisscom.

Sogar aus dem Ausland kommt Druck. Die Schweiz soll die Swisscom vollständig privatisieren, empfiehlt die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Kritik im OECD-Bericht von Ende 2015: Die halbstaatliche Swisscom verfügt als frühere Monopolistin immer noch über gewisse Vorteile und bremst deshalb den Wettbewerb.

Einen Schritt in Richtung Privatisierung fordern auch Ständerat Ruedi Noser (FDP/ZH) und Nationalrätin Natalie Rickli (SVP/ZH) in gleichlautenden Vorstössen . Die beiden bürgerlichen Politiker verlangen zwar nicht die sofortige Vollprivatisierung der Swisscom. Sie wollen aber, dass der Bund nicht mehr Mehrheitsaktionär der Swisscom ist. Die Politiker kritisieren vor allem die Rollenkonflikte, die rund um die Swisscom entstanden sind. Der Bund sei gleichzeitig Eigner und Grosskunde der Swisscom und agiere auch als Gesetzgeber und Regulator – eine heikle Konstellation.

Die Politik soll sich nicht in unternehmerische Fragen einmischen.
Autor: Ruedi Noser FDP-Ständerat

Auch am Tag nach der Abstimmung über die «Pro Service public»-Initiative bekräftigt Ruedi Noser: «Es braucht mehr Freiheiten auf dem Telekommunikationsmarkt. Und es darf nicht sein, dass sich die Politik in unternehmerische Fragen einmischt.»

Widerspruch kommt von den Sozialdemokraten. Nationalrat Matthias Aebischer (SP/BE) betont: «Der gestrige Abstimmungssonntag zeigt, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung zufrieden ist mit dem jetzigen System.» Das gelte auch für den Telekommunikationsbereich. Der Bund habe mit seiner Aktienmehrheit von 51 Prozent die Oberhand, die Swisscom geniesse im Alltag aber unternehmerische Freiheiten – dieser Weg funktioniere, ist Matthias Aebischer überzeugt. «Dabei sollte man bleiben», fordert der SP-Politiker.

Die grosse Mehrheit ist zufrieden mit dem jetzigen System.
Autor: Matthias Aebischer SP-Nationalrat

Auch der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas spricht sich klar gegen eine Privatisierung der Swisscom aus. Er fürchtet vor allem, dass sich die Grundversorgung in den Berg- und Randregionen verschlechtern würde, wenn die Swisscom nicht mehr in den Händen des Bundes wäre. Denn für Privatanbieter sei das kaum rentabel.

Die Idee, die Swisscom zu privatisieren, hat politisch momentan einen schweren Stand. Selbst in Teilen der FDP und der SVP dürfte es in dieser Frage eine gewisse Skepsis und Zurückhaltung geben. Und die Diskussionen rund um die am Wochenende abgelehnte Initiative zeigen, dass der Service public in der Schweiz einen hohen Stellenwert hat. Aber die Diskussion um die Zukunft der Swisscom ist damit nicht vom Tisch. Aktuell wird sie spätestens nächstes Jahr, wenn über die Konzession für die Grundversorgung neu entschieden wird.

Meistgelesene Artikel