Osterzeit ist Reisezeit. Gewöhnlich herrscht am Flughafen Zürich in diesen Tagen Hochbetrieb. Einige Tage in einer europäischen Metropole stehen traditionellerweise für viele Schweizer auf dem Programm. Doch: Die jüngsten Anschläge in Brüssel haben den Reisenden die Lust auf einen Städtetrip genommen.
So auch beim Schweizer Reiseunternehmen Hotelplan: 22 Kunden haben ihre Reise in die belgische Hauptstadt über die Ostertage storniert. «Obwohl das EDA im Moment nicht von Reisen nach Brüssel abrät, zeigten wir uns kulant und annullierten sie kostenlos», sagt Prisca Huguenin-dit-Lenoir, Kommunikationsleiterin von Hotelplan Suisse der Sendung «10vor10».
Zweistelliger Einbruch in Paris
Bereits nach den Anschlägen in Paris registrierte das Reiseunternehmen bei seinen Kunden eine starke Verunsicherung: «Seit November 2015 spüren wir einen markanten Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Wir bewegen uns da im zweistelligen Minusbereich. Paris und das Eurodisneyland leiden extrem darunter. Die Leute vermeiden seither grössere Städte wie Paris, London oder Berlin.»
Ganz aufs Reisen verzichten möchten die Leute aber nicht. «Sie weichen als Folge eher auf kleinere Destinationen wie Barcelona, Wien oder Hamburg aus. Und speziell auch die nordischen Städte wie Oslo, Stockholm oder Kopenhagen sind sehr gefragt», erklärt Huguenin-dit-Lenoir.
Weniger als 200 Terrortote
Doch ist die Angst in den Zeiten des Terrors begründet? Mathematiker des weltweit tätigen Versicherungskonzerns Zurich zeigen ein völlig anderes Bild. Sie berechneten, dass in Europa bei Terroranschlägen im langjährigen Durchschnitt weniger als 200 Menschen sterben. Dagegen kommen in den eigenen vier Wänden im selben Zeitraum rund 100'000 Personen um.
«Insgesamt kann man klar sagen, dass die Anzahl der Terrortoten bis in den letzten zwei Jahren in Westeuropa abgenommen haben», sagt Max Schönholzer, Leiter Schaden der Zurich-Versicherung. Auch im Verkehr (40 000 Unfalltote), bei Arbeit und Sport (12 000) und wegen Naturkatastrophen (weniger als 1000) kommen deutlich mehr Leute ums Leben.
Angst entsteht durch drei Faktoren
Johannes Ullrich, Professor für Sozialpsychologie an der Universität Zürich, führt die Angst der Bevölkerung nach den jüngsten Anschlägen auf drei Faktoren zurück: «Das Ereignis ist neu, es hat einen grossen Impact – viele Tote und Verletzte – und wir können es uns besonders gut vorstellen, weil es in unserer unmittelbaren Nähe passiert.»
Dies führe dazu, dass die Wahrscheinlichkeit überschätzt werde. «Durch die lebhafte Darstellung durch die Medien wird die emotionale Reaktion zudem unterstützt.» Ganz anders funktioniere es in Ländern wie Israel, wo Terror-Attacken präsenter sind. «Da haben die Menschen gelernt, mit dem Terror zu leben. Das könnte auch bei uns passieren.»