Kürzlich wurde bekannt, dass der Schweizer Strafvollzug heute rund 1 Milliarde Franken pro Jahr kostet.Therapien machen davon zwar nur einen Bruchteil aus, aber einen wachsenden. Zwischen 2007 und 2011 haben sich die Kosten für sogenannte stationäre Massnahmen mehr als verdoppelt: auf fast 100 Millionen.
«Gut evaluierte Programme»
«Gerade intensive Therapien haben sich als wirksam erwiesen», sagt Jérôme Endrass, der die Abteilung für Evaluation und Qualitätssicherung des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes (PPD) im Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich leitet.
Martin Killias, bis August 2013 Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Zürich, heute selbständig mit der «Killias Research & Consulting» (KRC), bezweifelt das. «Jede Diskussion über Kosten ruft nach der Frage, ob dem geleisteten Aufwand auch etwas Positives gegenübersteht, etwa in Form verringerter Rückfall- und Kriminalitätsraten. Leider weiss das niemand.» Endrass widerspricht: «Mittlerweile gibt es gut evaluierte Therapieprogramme, die sehr deutlich das Rückfallrisiko senken können.»
Reine Strafen machen Täter noch gefährlicher
Endrass hat den aktuellen Stand der Forschung im fast 500 Seiten starken Buch «Interventionen bei Gewalt- und Sexualstraftätern», 2012 publiziert von der Medizinisch Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft Berlin, zusammengetragen.
Das Fazit sei klar: «18 Meta-Analysen von Primärstudien an jugendlichen und erwachsenen Straftätern zeigen, dass sich das Rückfallrisiko durch rein strafende Interventionen kaum reduzieren lässt.» Ja, solche Interventionen hätten gar einen gegenteiligen Effekt: Wer Straftäter einfach einsperre oder beispielsweise in ein «Boot Camp» schicke, der mache sie noch gefährlicher.
Therapien sind am Ende billiger
Mit den richtigen therapeutischen Interventionen könnten die Rückfallraten indes markant gesenkt werden: «Der mittlere Effekt bei jugendlichen und erwachsenen Straftätern ist eine Verminderung der Rückfallraten um 28 Prozent», sagt Endrass. Wobei auffalle, dass Therapien bei Jugendlichen deutlich stärkere Effekte hätten als bei Erwachsenen.
Die Schlussfolgerung sei klar: «Je jünger ein Straftäter ist, desto grösser ist im Durchschnitt die Chance, dass er mit der richtigen Therapie zurück in die Gesellschaft findet.» Dies wiederum rechne sich für den Steuerzahler: Verbrecherkarrieren seien enorm teuer – viel teurer als die adäquaten Therapien.