In der Berner Bahnofunterführung wirft eine Frau ein zerknülltes Papierchen in die Trennbox: «Wir haben schon als Kind gelernt, dass man Abfall nicht auf den Boden wirft. Das ist mir geblieben.» Für sie ein Akt der Selbstverständlichkeit. «Zuhause trenne ich ja auch.»
Was in vielen Schweizer Haushalten gang und gäbe ist, kommt jetzt auch in den fünf grössten Bahnhöfen der Schweiz an. Fast 600 Recyclingstationen stehen seit heute in den Bahnhöfen in Genf, Basel, Zürich, Luzern und Bern bereit. Zuvor wurde die Abfalltrennung zwei Jahre lang im Bahnhof Bern getestet.
500 Tonnen weniger Kehricht pro Jahr
Das Pilotprojekt habe sich bewährt, sagt Jürg Stöckli, Leiter Immobilien der SBB. Die Menschen würden trotz der kurzen Verweildauer am Bahnhof ihren Abfall trennen. Nur gerade fünf Prozent der Reisenden würden falsch entsorgen, heisst es bei der SBB.
Im Pilotprojekt landeten 30 Prozent des im Bahnhof anfallenden Mülls in den Trennboxen. Mengenmässig komme einiges zusammen, sagt Stöckli. Im Pilotversuch seien 100 Tonnen Werkstoffe pro Jahr gesammelt worden. «Schweizweit gehen wir davon aus, dass wir insgesamt 500 Tonnen jährlich nicht verbrennen werden müssen.»
«Steter Tropfen höhlt den Stein»
Der ökologische Gedanken scheint dabei im Vordergrund zu stehen, denn die Kosteneinsparungen sind gering. Rund 100‘000 Franken pro Jahr würden an Entsorgungsgebühren wegfallen, sagt der Immobilien-Chef der SBB. Die Bahn investiert aber zwei Millionen in das Projekt. Bis sich die Abfalltrennung finanziell lohnt, dauert es also 20 Jahre. Aber eben: «Das ist ein wichtiges Zeichen für die Nachhaltigkeit», sagt Stöckli.
Das freut nicht nur Recycling Schweiz, die Dachorganisation der Recycling-Branche, die die Bemühungen der SBB und deren Beitrag an den Umweltschutz unterstützt. Auch ein Bahnkunde, der soeben seine Zeitung richtig entsorgt hat, begrüsst die Abfalltrennung: «Wie sagt man so schön: Steter Tropfen höhlt den Stein.»