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Ein Kind reckt die rechte Hand in die Höhe und meldet sich im Unterricht zu Wort. Im Hintergrund eine Wandtafel.
Legende: Fachleute fordern, dass Schüler besser im Umgang mit Medien geschult werden. Keystone

Schweiz Umgang mit Medien wird nach dem Zufallsprinzip vermittelt

Der Informationsjournalismus hat ein Nachwuchsproblem. Nicht weil niemand mehr Journalist werden möchte. Sondern weil jüngere Menschen Newsangebote von Zeitungen, Radio und Fernsehen immer weniger nutzen. Gegensteuer könnte an Schulen gegeben werden. Aber dafür fehlt die Unterrichtszeit.

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SRF News: Medienwissenschaftler fordern im neuesten Jahrbuch Qualität der Medien, dass an Schulen mehr Wert auf Medienkompetenz gelegt wird. Das sei heute zu wenig der Fall. Stimmt diese Kritik?

Thomas Merz: Ich teile diese Einschätzung. Wir haben in der Deutschschweiz das Problem, dass es in fast allen Kantonen im Bereich der Medienbildung zwar Lehrpläne gibt. Aber es steht fast nirgends verbindliche Unterrichtszeit dafür zur Verfügung. Das führte in den letzten Jahren zu grossen Unterschieden. Es hat eine gewisse Zufälligkeit, wo die Schüler in diesem Bereich systematisch etwas lernen.

Thomas Merz

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Porträt Thomas Merz vor einem Radiostudio-Mikrofon.

Der Medienpädagoge ist Prorektor für Forschung und Wissensmanagement an der Pädagogischen Hochschule Thurgau. Dort bildet er angehende Lehrpersonen in Medienkunde aus.

Liegt das Problem nicht auch bei den Hochschulen? Machen die genug bei der Ausbildung neuer Lehrkräfte?

Der Dreh- und Angelpunkt ist der Lehrplan. Alles dreht sich um die Frage: Was wird am Ende für Lehrer auch tatsächlich gefordert?

Können Sie sich erklären, weshalb Medienkompetenz im Lehrplan nicht stärker gewichtet wird?

Wir erleben jetzt eine Veränderung hin zum Lehrplan 21. In diesem wird tatsächlich auch eine grössere Verbindlichkeit festgehalten. In der nächsten Phase geht es darum, den ganzen Bereich der Medienbildung – also einer Auseinandersetzung mit Medien, mit Informationskompetenz – auch systematisch in die Schulen hineinzubringen.

Das klingt etwas abstrakt. Was ist denn für Sie gute Medienschulung?

Das betrifft die ganze Bandbreite. Zum Einen geht es schlicht und einfach darum, dass Schüler lernen, sich zu informieren. Dass sie beispielsweise lernen, zwischen interessant und wichtig zu unterscheiden. Nicht jede Information, die interessant ist, ist auch wirklich wichtig und umgekehrt. Und dass sie lernen, zwischen Bildern und Texten zu unterscheiden. Zum Anderen geht es darum, dass Schüler lernen, sich sorgfältig mit Quellen von Informationen auseinanderzusetzen. Das ist eine Vielfalt, die letztlich dazu gehört. Deshalb ist es auch sehr wichtig, systematisch, durch alle verschiedenen Schulstufen hindurch, diese Medienbildung zu betreiben.

Man muss also darüber hinausgehen, einfach nur das Formale zu lernen und zu lehren. Sollen sich die Schüler in der Klasse in dem Fall auch inhaltlich Gedanken machen?

Unbedingt. Eine Übung, die ich beispielsweise meinen Studierenden vorschlage, ist, dass sie aus Zeitungen und Zeitschriften, aus dem Internet oder der Tagesschau, einen kleinen Beitrag herausnehmen und dazu dann auch recherchieren, was sie eigentlich alles wissen. Sie müssen lernen und lesen, um diesen einen kleinen Beitrag zu verstehen. Sehr oft ist es ja so, dass man nach einen kleinen Beitrag gefühlsmässig glaubt, man sei informiert. Wir sagen dem Informiertheits-Illusion. Dabei ist es ein langer Weg von diesem Gefühl, man sei informiert, bis man tatsächlich fundiert über eine Sache informiert ist.

Sehr oft glaubt man nach einem kleinen Beitrag gefühlsmässig, man sei informiert. Wir sagen dem Informiertheits-Illusion.

Das bedingt aber auch eine gewisse Medienkompetenz der Lehrer. Wie schätzen sie die ein? Bringen sie diese mit oder gehören sie schon zu der Gruppe, die nicht mehr sehr interessiert ist an Information?

Natürlich gibt es eine gewisse Tendenz dazu, stärker Unterhaltungsangebote und weniger traditionelle Informationsangebote zu nutzen. Aber es gibt nicht einfach die typischen Jugendlichen. Und es sind schon gar nicht alle gleich. Wir haben auch unter jungen Menschen – und da zähle ich unsere Studierenden auch dazu – solche, die sehr interessiert sind an Fakten, und die sich wirklich auch informieren. An den pädagogischen Hochschulen muss dies durchaus ein Thema sein. Und hier ist mir natürlich auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir in der Schweiz nach wie vor keinen Lehrstuhl für Medienpädagogik haben. Es gibt einen kleinen 20-Prozent-Lehrstuhl für Medienpädagogik an der Universität Zürich. Ansonsten besteht hier ein ganz grosser Bedarf, eine Lücke im Hinblick auf die Ausbildung der Ausbildenden.

Das Gespräch führte Simon Leu.

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