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Schweiz Verdacht auf Lauschangriff in Berner Café

Das bekannte Pressecafé Diagonal in der Berner Altstadt wird nicht nur beinahe flächendeckend videoüberwacht, auch akustische Kontrollen mittels Tonaufnahmen sollen an der Tagesordnung sein. Und das in einem Lokal nahe des Bundeshauses, in dem auch Journalisten und Politiker ein- und ausgehen.

Journalisten gehen hier ein und aus, Bundesräte auch. Und ausgerechnet in diesem Café in der Berner Altstadt sollen regelmässig Tonaufnahmen hergestellt werden. Eine frühere Angestellte des Diagonal, die anonym bleiben möchte, bestätigt die Überwachungs-Massnahmen gegenüber «Schweiz aktuell».

Auch die Gewerkschaft Unia hat durch mehrere ehemalige und aktuelle Mitarbeiter des Cafés Kenntnis von der Praxis, wie Hanspeter Wyder vom Rechtsdienst der Unia Sektion Bern bestätigt: «Eine sehr harte Bestimmung bildet ein Zusatz im Arbeitsvertrag, in dem sich die Angestellten einverstanden erklären müssen, dass sie bei der Arbeit während 24 Stunden überwacht werden dürfen», sagt Wyder.

Inzwischen hat die Unia den Fall sowohl beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragen, als auch beim bernischen Arbeitsinspektorat gemeldet.

Besitzer bestätigt High-Tech-Überwachung

Das Pressecafé Diagonal gehört zur Gastro-Unternehmung der Cousins Fritz und Max Grunder. Ihnen gehören auch die Restaurants Sassafratz, Fugu und Bellevue Ittigen, die alle mit ähnlichem Überwachungsequipment ausgestattet sind.

Bei einem Rundgang durch das Diagonal macht Fritz Grunder kein Geheimnis aus den Video- und Audio-Installationen. «Wir machen das aus Sicherheitsgründen, um Diebstähle und Betrügereien zu verhindern», sagt Grunder.

Allerdings wehrt er sich gegen den Vorwurf, Gäste und Mitarbeiter zu belauschen und zu kontrollieren. «Tonaufnahmen haben bei uns nie stattgefunden. Und unseren Angestellten stehen auch Räume zur Verfügung, die nicht überwacht sind und wo ihre Privatsphäre gewährt ist.»

Datenschützer wird aktiv

Dem widerspricht die ehemalige Angestellte des Diagonals. «Unser Chef hat sich sogar aus seinen Ferien gemeldet, um Beanstandungen zu melden, die er dank einer Übermittlungstechnik auf sein Handy überspielt bekommen hat.»

Hanspeter Thür, der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte, kritisiert die Kombination von Video- und Audioüberwachungen in diesem Stil. «Wenn das stimmt, ist dieser Fall ausserordentlich gravierend.

Mitarbeiter permanent zu überwachen ist vom Gesetz her verboten. Und Audioaufnahmen könnten sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Wir schauen uns den Fall Diagonal in Bern genau an.»

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