Das Ja an der Urne am 22. November für eine Lockerung der Regeln für Tankstellenshops stellt keinen Grundsatzentscheid für eine generelle Liberalisierung dar. Dies zeigt eine Nachwahl-Befragung.
Drei Viertel der befragten Stimmenden waren damit einverstanden, dass sonntags und nachts möglichst wenige Menschen arbeiten sollten. Das geht aus der VOX-Analyse des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Zürich und des Forschungsinstituts gfs.bern hervor.
Dass dennoch 55,8 Prozent der Stimmenden ein Ja in die Urne legten, hängt gemäss der VOX-Analyse damit zusammen, dass eine grosse Zahl der Stimmenden die Vorlage nicht als Grundsatzfrage betrachtete. Vielmehr sahen sie darin eine pragmatische Justierung einer Regelung, die zudem nur eine geringe Reichweite besitzt.
Überzeugend war vor allem das Pro-Argument, wonach es unsinnig sei, dass Tankstellenshops einen Teil ihres Sortiments nachts zwischen 1 und 5 Uhr nicht anbieten können, obwohl sie geöffnet haben.
Viele SP- und SVP-Wähler folgten Parole nicht
Die Vorlage fand bis weit ins linke Lager hinein Zustimmung, obwohl sich Gewerkschaften und linke Parteien dagegen ausgesprochen hatten. Wie die VOX-Analyse zeigt, legten vier von zehn SP-Wählern trotz Nein-Parole ein Ja in die Urne.
Auch bei der SVP-Anhängerschaft wurde die Parteiparole vergleichsweise oft missachtet: Nur gut jeder zweite SVP-Wähler (54 Prozent) setzte die Ja-Empfehlung seiner Partei um.
Volk steht offenbar zur Armee
Klarer waren die Fronten bei der Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), die am 22. September deutlich verworfen wurde. Die Initiative konnte fast nur auf die Unterstützung des linken Lagers zählen – und auch diese erwies sich als brüchig: Bei den SP-Anhängern stimmte nur eine knappe Mehrheit (53 Prozent) der Initiative zu.
Die Sympathisanten der bürgerlichen Parteien lehnten diese hingegen wuchtig ab. Bei den Nein-Stimmenden dominierten vor allem zwei Beweggründe: Tradition und generelle Unterstützung für die Armee. Die Vorlage sei praktisch von jedem zweiten Stimmenden als Grundsatzentscheid über das Sein oder Nichtsein der Schweizer Armee eingestuft worden, heisst es im Communiqué.
Sechs von zehn Stimmenden bestritten zudem die Aussage, wonach sich die Schweiz eine Armee mit den heutigen Kosten nicht erlauben könne. Bei der Abstimmung über die erste Armeeabschaffungsinitiative 1989 sei das Kostenargument von den Stimmbürgern noch anders beurteilt worden, heisst es in der VOX-Analyse dazu.
Vertrauen in Regierung war ausschlaggebend
Bei der dritten Vorlage, dem Epidemiengesetz, fiel der Entscheid einer beträchtlichen Zahl von Stimmenden hingegen schwer. Ob jemand schliesslich ein Ja oder ein Nein in die Urne legte, hing in erster Linie vom Regierungsvertrauen ab.
Rund sieben von zehn Personen, die grundsätzlich Vertrauen in die Regierung haben, folgten der Empfehlung des Bundesrates und stimmten zu. Wer hingegen der Regierung gegenüber misstrauisch eingestellt ist, verwarf die Vorlage in sechs von zehn Fällen.