Auch das ist Eveline Widmer-Schlumpf. Punkmusik hat sie in ihrer Jugend gehört, als Punk wurde sie vom Dachverband Schweizer Jugendparlamente karikiert. Das Bild hängt nun in ihrem Büro: Eveline Widmer-Schlumpf mit langen schwarzen Haaren, schwarz-rosa geschminkten Augen und mit gepierctem Kinn.
«Ich war in der Kantonsschule vom Typ her schon sehr ähnlich, wie auf dem Bild», sagt sie. Punk war Rebellion. Rebellisch war Eveline Widmer-Schlumpf auch, als sie entgegen dem Willen ihrer damaligen Partei die Wahl in den Bundesrat annahm.
Solidarität muss gegenseitig sein
Eigentlich aber will die Bündnerin mit den grossen blauen, lebhaften Augen verbinden, diskutieren, Lösungen finden. So passt es auch, dass sie für die Solidarität zwischen den Generationen plädiert: «Es braucht immer gegenseitige Solidarität. Sie ist keine Einbahnstrasse. » Die älteren Leute müssten wissen, dass sie auch für die Jungen verantwortlich seien, und die Jungen müssten sich bewusst sein, dass die Älteren ihren Teil auch geleistet hätten, sagt sie.
Die ganz Alten haben ihn geleistet, die jüngeren Alten leisten ihn noch immer. Zum Beispiel hüten sie Enkelinnen und Enkel. Auch Eveline Widmer-Schlumpf schaut regelmässig zu ihren vier Enkelkindern.
Die Bündnerin kennt aber auch die letzte Phase des Lebens. Ihr Vater lebte bis kurz vor seinem Tod daheim. Ihre Mutter war schwer krank und verbrachte die letzten drei Jahre ihres Lebens im Pflegeheim. Eine prägende, aber auch lehrreiche Zeit für Eveline Widmer-Schlumpf. Sie wünsche sich, dass ihr das, was ihre Mutter durchgemacht habe, erspart bleibe. Ihre Mutter sei sehr stark gewesen, sagt Widmer-Schlumpf. «Ich habe sie in den drei Jahren niemals klagen gehört. Ich habe den Eindruck bekommen, in so einer Situation bekommt man einfach Kraft, das durchzustehen.»
So fürchtet Eveline Widmer-Schlumpf auch die runden Geburtstage nicht. Es sei ein Privileg, dass sie und ihr Mann gesund 60 geworden seien. Ein Einschnitt hingegen sei der Tod der Eltern gewesen.
Die ältere Generation ist nicht mehr da
«Mein Enkel sagt jeweils, wenn er den Eindruck hat, dass ich nicht mehr lange mit ihm Ski fahren mag: ‹Jetzt bist du halt eine alte Frau.›» Vorher habe er immer auch noch ihre Eltern gesehen und das waren die Älteren. «Diese Generation ist nun nicht mehr da. Das ist schon ein Einschnitt.»
Mit ihren Enkelkindern besucht sie Spielplätze, Museen. Sie richtet sich jeweils voll auf die Zeit mit ihnen ein. Die Enkel kämen gerne, sagt Eveline Widmer-Schlumpf.
Und sie würden ihre Grossmutter gerne mal so punkig sehen wie auf dem Bild, das der Dachverband Schweizer Jugendparlamente DSJ von der damaligen Bundesrätin gemacht hatte. Ihren beiden älteren Enkel gefalle das Bild sehr gut. «Sie sagen mir oft, ich solle mich wiedermal so herausputzen.» Sie habe ihnen versprochen, dass sie das vielleicht mache. «Wenn wir an die Fasnacht gehen.»