Swissgrid sorgt dafür, dass der Strom reibungslos durchs Netz fliesst und betont bei jeder Gelegenheit, dass alles in Ordnung ist. Geht es aber um die Stromversorgung im nächsten halben Jahr, werden warnende Worte verwendet: Im schlimmsten Fall müsse mit einem totalen Versorgungsausfall in grossen Teilen der Schweiz gerechnet werden, schreibt Swissgrid.
Warnbriefe an die Strombranche
Das Unternehmen hat jetzt eine Taskforce einberufen und Warnbriefe an die Strombranche verschickt. Denn die Lage im Stromnetz ist so angespannt wie seit dem heissen Sommer 2003 nicht mehr: Die Speicherseen, aus deren Wasser Strom wird, sind halb leer, die Flüsse auch. Gleichzeitig läuft das Atomkraftwerk Beznau nicht – Fachleute überprüfen gerade die Reaktoren. Paul Niggli, Chef der Swissgrid-Taskforce, sagt es so: «Wir haben in unseren Berechnungen festgestellt, dass wir im Frühjahr in eine Energieknappheit geraten könnten, wenn wir die heutigen Produktionsmuster nicht anpassen.»
Schwierigkeiten beim Import
Energieknappheit, das heisst, sollte noch etwas anderes schief gehen, droht ein Stromausfall. Nun könnte die Schweiz als Alternative den Strom aus dem Ausland holen. Aber so einfach ist es nicht, denn der ausländische Strom ist überspannt: Er kommt mit zu hoher Spannung an der Schweizer Grenze an und muss erst umgewandelt werden, damit man kochen oder heizen kann. Und hier hapert es: Es fehlen die Kapazitäten, um den Strom umzuwandeln.
Deshalb ruft Swissgrid nun einerseits die Strombranche dazu auf, diesen Winter besonders haushälterisch mit dem Strom umzugehen: «Die Berechnungen deuten darauf hin, dass es in der Schweiz nicht genügend Energie haben wird, um im grossen Masse weiter exportieren zu können», sagt Niggli.
Zügiger Netzausbau
Andererseits will das Unternehmen das Stromnetz schneller ausbauen als geplant und rasch zwei zusätzliche Transformatoren in Betrieb nehmen. Zusätzliche Gelder sind dafür laut Niggli nicht notwendig. Den schnellen Ausbau der Netze findet Michael Frank, Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, gut: «Alle diejenigen, die den Um- und Ausbau der Netze verzögern, nehmen die Verschlechterung der Versorgungsqualität in Zukunft in Kauf.»
Dass die Strombranche nun weniger exportieren kann, mag er hingegen nicht bestätigen, das hänge unter anderem vom Wetter ab. Er wirft den Ball der Politik zu: Gegen halbleere Stauseen helfen laut Frank Investitionen in die Technik – und dafür brauche es Subventionen.