Bis zu 60 Stunden pro Woche dürfen Lastwagen-Chauffeure arbeiten. So legt es die entsprechende Verordnung fest. Eine 56-Stunden-Woche sei sehr lang, sagt Roland Schiesser von der Gewerkschaft Unia. Dabei stünden Chauffeure unter Druck: «Zum einen müssen sie die knappen Terminvorgaben einhalten, zum anderen nimmt der Verkehr laufend zu. Da muss man wirklich strikt sein: Wenn schon so lange gearbeitet wird, gibt es keine Toleranz.»
Keine Toleranz für Chauffeure, die bis zu 60 Stunden pro Woche arbeiten: Die Polizei macht deshalb regelmässig Kontrollen. Letztes Jahr etwa erwischte sie fast 10'000 LKW-Fahrer, die gegen die Arbeits- und Ruhezeitverordnung verstossen hatten.
Fuhrhalter werden kaum je gebüsst
Das Problem dabei ist laut Schiesser, dass fast immer die Chauffeure bestraft werden, kaum je ihre Arbeitgeber. «Sie können sich vorstellen, dass der Chauffeur nicht unbedingt scharf darauf ist, seinen Chef zu verpfeifen. Und wenn man zuerst den Schwächsten nimmt, hat man diesen ganz sicher am Wickel.»
Zahlen aus Kantonen bestätigen diesen Eindruck. Nur in sehr wenigen Fällen werden die Fuhrhalter gebüsst, wenn Chauffeure die Ruhezeit nicht einhalten. Meistens hafte der Chauffeur, sagt auch David Piras vom Verband der Berufsfahrer Les Routiers Suisses: «Die Polizei macht einen Rapport, der Chauffeur bekommt eine Busse.»
Diese liege zwischen 300 und 500 Franken. «Wenn er Glück hat, übernimmt sein Chef die Busse, sonst muss er sie selber bezahlen.» Der Chauffeur trabe also mit seiner Busse beim Chef an, der dann zahle. Das sei keine saubere Lösung, findet Piras. «Wenn die Firma mitschuldig ist, dann soll sie auch gebüsst werden.» Etwa wenn die Firma dem Chauffeur derart viel Arbeit aufträgt, dass er gar nicht anders kann, als die Ruhezeitregel zu brechen – womöglich sogar über einen längeren Zeitraum hinweg.
Astag: «Meiste Verstösse sind Bagatellfälle»
Auf Arbeitgeberseite entgegnet der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag, dass solche Fälle die Ausnahme seien. «Man darf davon ausgehen, dass es sich bei den meisten Verstössen um sogenannte Bagatellfälle handelt», sagt Vizedirektor André Kirchhofer. Er illustriert das so: «Wenn ein Fahrer nur eine Minute zu spät anhält für eine Pause, dann ist das schon ein Verstoss. Aber das ist sicher ein ganz anderer Fall, als wenn ein Chauffeur während drei Monaten konstant zu lange unterwegs ist.»
Die Zahlen des Bundesamtes für Strassen (Astra) sprechen allerdings eine andere Sprache. Im letzten Jahr registrierte es bei Verstössen fast 50 Mal mehr Anzeigen wie Ordnungsbussen. Doch was kann man dagegen tun? Die beiden Arbeitnehmerverbände haben unterschiedliche Vorschläge.
Die Gewerkschaft Unia will, dass die Fuhrhalter konsequent haftbar gemacht werden. Entsprechend müssten die Regeln verschärft werden. Der Berufsfahrerverband Routiers Suisse hält das hingegen für unnötig. Das geltende Recht reiche aus, aber die Polizei müsse genauer hinsehen und die Chauffeure gezielter nach ihren Arbeitgebern fragen.
Der Nutzfahrzeugverband Astag sieht indes keinen Handlungsbedarf. Der Verband verweist auf die Unfallstatistik, wonach die Zahl der Unfälle mit Lastwagen überdurchschnittlich gesunken sei.