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Schweiz Wenn Polizisten gewalttätig werden

Nach der exzessiven Gewaltanwendung einiger Luzerner Polizisten hat die Führung eine Whistleblower-Stelle eingerichtet. So sollen ähnliche Vorfälle schneller bekannt und untersucht werden. Nur: Damit steht die Luzerner Polizei im Schweizer Vergleich alleine da.

Ein Polizist, der bei einer Verhaftung auf Menschen einschlägt: Hans-Jürg Käser, Präsident der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD), verurteilt solche Fälle entschieden: Er sei zwar überzeugt, dass dies absolute Einzelfälle seien. Aber: «So geht das natürlich nicht.»

Video zeigt Prügel-Polizisten

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Ein Elitepolizist der Luzerner Polizei traktiert einen festgenommenen, wehrlos am Boden liegenden rumänischen Einbrecher mehrfach mit Fusstritten gegen den Kopf. Was der Polizist nicht weiss: eine Überwachungskamera filmt den Gewaltübergriff. Das Video liegt der «Rundschau» vor. Mehr.

Kein generelles Gewaltproblem

Die Polizei habe kein Gewaltproblem, betont Käser. In der Ausbildung werde verhindert, dass die Polizisten zu gewalttätigen Rambos würden. Es dürfe keine Exzesse wie in Luzern geben. In der Ausbildung und im Polizeibetrieb werde das Thema immer wieder angegangen. «Für die Legitimation und die Glaubwürdigkeit der Polizei ist das ganz zentral.»

Trotz der sorgfältigen Ausbilung ist es im Kanton Luzern zu Gewaltfällen gekommen. Als Reaktion hat die Luzerner Polizei eine Whistleblower-Stelle geschaffen. Kein anderer Kanton hat bislang eine solche Stelle eingerichtet. Polizisten, die im Korps negative Vorfälle beobachteten, könnten sich an den psychologischen Dienst wenden, heisst es etwa bei der Stadtpolizei Zürich.

Keine Whistleblower-Stellen nötig?

Der Verband der Schweizer Polizei-Beamten verweist auf die Befehlskette innerhalb der Polizei: Wer auffällige Vorfälle beobachte, könne diese seinem Vorgesetzten melden, sagt Generalsekretär Max Hofmann. Sollte der Chef in die Vorfälle verwickelt sein, könne die nächst höhere Stelle angegangen werden. «Das ist das ‹Spiel›, das funktionieren sollte – und normalerweise auch funktioniert», so Hofmann.

Weder der Verband der Polizeibeamten noch KKJPD-Präsident Käser halten Whistleblowerstellen also für nötig. Für Polizistinnen und Polizisten sei aber durchaus wichtig, dass sie eine Anlaufstelle hätten, um den Stress des Polizeialltags zu verarbeiten, ist Hofmann überzeugt. Dafür gebe es spezielle Gruppen in der Polizei, so genannte Debriefer. «Die helfen, wenn der Druck zu gross wird.» Auch weitergehende Hilfe sei die Regel, etwa der Beizug eines Psychologen.

Auf diese Weise hoffen die Polizeikorps, Übergriffe wie in Luzern künftig zu verhindern. Die Fälle aus dem Kanton Luzern allerdings zeigen, wie schwierig das ist.

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