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Ein Schüler sitzt an einem Pult und hält ein Heft mit der Aufschrift «Deutsch» in der Hand.
Legende: Mehrere Gründe führen dazu, dass die Schüler heute mehr Rechtschreibefehler machen. Keystone/Archiv

Schweiz Wie schlecht steht es um die deutsche Sprache?

Die Jungen können nicht mehr richtig Deutsch schreiben und Kommas setzen schon gar nicht: Diese Meinung ist weit verbreitet. Nur ein Vorurteil oder eine Tatsache?

Christoph Scherrer hat in seinem Leben schon viele Aufsätze gelesen und korrigiert; seit 40 Jahren unterrichtet er Deutsch. Das Fazit des Kantonsschullehrers im zürcherischen Bülach ist klar: «Wenn Schüler heute von Hand etwas schreiben müssen, machen sie mehr Fehler.»

Ebenfalls 40 Jahre Berufserfahrung als Deutschlehrerin hat Barbara Göldi. Sie bestätigt, was ihr Lehrerkollege sagt: Die Rechtschreibung der Schüler sei schlechter geworden. Besonders die Kommaregeln beherrschten sie kaum noch, sagt die Lehrerin am Gymnasium Alpenquai in der Stadt Luzern. Die Schüler hätten die Kommaregeln nicht gern. «Sie machen das nach Gefühl.» Und das komme oft nicht so gut heraus.

Lehrer beobachten abnehmende Sorgfalt

In Deutschland sind in einer Untersuchung Schulaufsätze aus den 1970er Jahren mit solchen von heute verglichen worden. Dabei zeigte sich, dass die jüngere Schülergeneration mehr als doppelt so viele Rechtschreibefehler machte.

Ein Hauptgrund dafür könnten neue Gewohnheiten sein: Heute läuft die Kommunikation viel rascher über Email, SMS oder WhatsApp ab. Nicht alle lesen noch einmal durch, was sie geschrieben haben. Das färbt auch auf die Schüler ab. So sagen Lehrer, dass die Sorgfalt abgenommen habe.

Mitverantwortlich für die Rechtschreibeschwäche ist vermutlich auch der Computer mit seinen Korrekturprogrammen. Diese Hilfen hätten die Motivation geschwächt, die Regeln zu büffeln, sagt Deutschlehrerin Göldi. Die Schüler gingen davon aus, dass ihnen das Rechtschreibeprogramm die Fehler dann schon anzeige.

Ein weiterer Grund ist wahrscheinlich die Rechtschreibereform in den 1990er Jahren. Seither sind mehr Varianten erlaubt. Das habe zu einer Verunsicherung darüber geführt, was richtig sei und was falsch, beobachtet Marcel Eggler. Er ist Dozent für Deutsch an der Fachhochschule Winterthur. So stelle er fest, dass ein Teil der Grammatikregeln etwas lockerer betrachtet würden. «Das finde ich gar nicht mal eine so schlechte Entwicklung», sagt er dazu.

Schüler sind in anderen Bereichen besser

Eine grössere Lockerheit im Umgang mit der Rechtschreibung lässt sich auch an den Schulen feststellen. So sei es heute wichtiger, dass die Schüler sich einbringen und argumentieren könnten, sagt Gymnasiallehrerin Göldi. Sie stellt fest, dass ihre Schüler heute kreativer seien als früher.

Doch trotz aller Kreativität: Zerfällt so nicht langsam die Sprache? «Nein», sagt Beat Zemp, der Präsident des Schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes. Dies würden die Resultate der Pisa-Tests zeigen. So gebe es Kompetenzbereiche, die «eindeutig» besser würden, wie etwa die Kommunikation oder das Vortragen. «Trotzdem muss man lernen, sorgfältig die Schriftlichkeit anzuschauen», so Zemp.

Natürlich sei es ein Verlust, wenn die Schüler nicht mehr fehlerfrei schreiben könnten, sagt Fachhochschuldozent Eggler. Es tue ihm und den anderen Dozenten manchmal weh, die vielen Fehler zu sehen. Allerdings gebe es auch «gute, authentische, inhaltlich gehaltvolle Texte». Und im besten Fall sei ein solcher auch orthografisch richtig.

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