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Luftaufnahme des Bundeshauses in Bern
Legende: Bei einem Austritt Grossbritanniens aus der EU, dürften in Bern die Telefondrähte glühen. Keystone

Schweiz Wie weiter mit Brüssel nach der Brexit-Abstimmung?

Verliert die EU das Mitglied Grossbritannien am 23. Juni, wird Europa bis in die Grundfesten erschüttert. Ein Austritt könnte für die Europäische Union zur Zerreissprobe werden. Andere Mitgliedstaaten könnten dem Beispiel folgen. Aber auch die Schweizer Politik müsste dann nochmals über die Bücher.

  • Das wären die Auswirkungen im Falle eines Austritts

Mittelfristig könnte ein Brexit für die Schweiz die Chance bieten, sich mit Grossbritannien zusammen zu tun und mit gemeinsamen Kräften nach Lösungen zu suchen, wie die Zusammenarbeit zwischen Brüssel und wichtigen Staaten ausserhalb der EU geregelt werden soll. Insofern könnte ein Brexit für die Schweiz durchaus von Nutzen sein. Nicht zuletzt, weil es auch in den Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU bisher nicht zum Durchbruch gekommen ist.

Die Frage, welches die Konsequenzen sind, falls sich die EU und die Schweiz in einem Streit nicht einigen können, ist nach wie vor nicht beantwortet. Die Chancen eines Rahmenabkommens, in dem sich die Schweiz der EU unterordnen müsste, dürften in einer Volksabstimmung äusserst gering sein. Da die EU im Falle eines Brexit auch mit Grossbritannien die Fragen der Rechtsübernahme und der Streitbeilegung klären müsste, wäre ein koordiniertes Vorgehen der Schweiz mit den Briten angezeigt, was die Position unseres Landes gegenüber Brüssel erheblich verbessern würde.

  • Das wären die Auswirkungen bei einem Verbleib in der EU

Entscheidet sich Grossbritannien am 23. Juni für einen Verbleib in der EU, wird die Schweiz unverzüglich eine breit angelegte Gesprächsoffensive mit der EU starten. Das Ziel: Eine «einvernehmliche Lösung» bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Laut Aussenminister Didier Burkhalter sollen «auf allen Stufen» Gespräche stattfinden – auf Regierungschef- und Ministerebene, aber auch auf Stufe der Verhandlungsdelegationen.

Ziel der Schweiz ist es, eine gemeinsame Position zu finden, die auf EU-Ebene noch in diesem Sommer zumindest vom Coreper, dem Ausschuss der Ständigen Vertreter aller 28 Mitgliedstaaten, abgesegnet werden könnte. Später müssten auch noch die EU-Kommission und alle 28 Mitgliedstaaten einzeln zustimmen.

In der Schweiz müsste das Parlament seinen Segen zu einer allfälligen Lösung geben. Gelegenheit bieten würde hier die Behandlung der Initiative «Raus aus der Sackgasse» (RASA), welche den Verfassungsartikel der Masseneinwanderungsinitiative kurzerhand wieder aufheben möchte. Der Bundesrat muss bis spätestens am 27. Oktober Stellung zur Initiative nehmen. Eine Einigung mit der EU könnte dem Parlament als Gegenvorschlag zur Initiative unterbreitet werden.

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Das Volk hätte dann in der Abstimmung über die RASA-Initiative (voraussichtlich am 12. Februar 2017) die Wahl zwischen drei Varianten: Mit einem Ja zur RASA-Initiative bliebe alles beim Alten und die Zuwanderung würde in keiner Art und Weise beschränkt. Mit einem Ja zum Gegenvorschlag würde die Kompromisslösung mit der EU umgesetzt. Mit einem doppelten Nein zu RASA und Gegenvorschlag müsste der Bundesrat die Zuwanderung spätestens ab 9. Februar 2017 auf dem Verordnungsweg mittels Höchstzahlen und Kontingenten begrenzen. Diese würden allerdings frühestens ab 2018 wirksam. Bis dann wäre also kaum mit allfälligen Retorsionsmassnahmen der EU zu rechnen.

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