Jeden Tag verschwinden auf der ganzen Welt 150 Tier- und Pflanzenarten. Mit einem Aktionstag weist die UNO jeweils am heutigen Datum, am 22. Mai, auf die Bedeutung der Biodiversität, hin. Der Reichtum an Tieren und Pflanzen müsse besser geschützt werden. Auch die Schweiz muss handeln.
«Der Raum ist in der Schweiz beschränkt. Biodiversität beruht darauf, dass wir etwa 240 verschiedene Lebensraumtypen in diesem Land haben», sagt Markus Fischer. Er ist Biologe an der Universität Bern. Die Schweiz habe für die verschiedenen Lebensraumtypen schlichtweg zu wenig Platz eingeräumt, sagt der Wissenschaftler.
Amphibien und Reptilien besonders gefährdet
Das ist aber nicht immer so gewesen. In den letzten 100 Jahren habe der Mensch die bis anhin natürliche Landschaft in eine Kulturlandschaft umgewandelt, sagt Fischer. Damals habe es sehr vielfältige Lebensräume für Organismen wie Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien gegeben. «Im Zuge der Effizienzsteigerung und Mechanisierung der Land- und Forstwirtschaft ist die Lebensraumvielfalt zerstört worden.» Dadurch wurden Orte biologisch weniger attraktiv und die Vielfalt nahm ab.
Wissenschaftliche Studien besagen: Ein Drittel aller Arten ist vom Aussterben bedroht. Besonders augenfällig ist dies bei den Amphibien und Reptilien. «Die sind extrem gefährdet. Da sind sogar zwei Drittel der Arten vom Aussterben bedroht», erklärt der Biologe. Doch auch bei den Pflanzen macht sich der Verlust der biologischen Vielfalt bemerkbar. Im Rahmen von Studien habe man die Fundorte der bedrohten Pflanzenarten wieder besucht. «Nach 15 Jahren sind nicht einmal zwei Drittel der Pflanzenbestände übrig», sagt Biologe Fischer.
«Unsere Umwelt wird ärmer»
«Die Artenvielfalt hat einen grossen Nutzen. Wir laufen aber Gefahr, diesen Nutzen zu verlieren», warnt Fischer. Unsere Umwelt werde ärmer. Augenfällig werde dies beim Verlust an Pflanzenarten. «Im Prinzip ist jeder Punkt der Schweiz über die letzten Jahrzehnte weniger vielfältig geworden.» Der Verlust der Pflanzenarten hat wiederum einen Einfluss auf die Tiere, denen die Pflanzen als Nahrung dienen. Deren Futterangebot wird knapper. Die gleiche Entwicklung ist auch bei den im Boden lebenden Organismen zu beobachten.
Aus Sicht des Biologen befinden wir uns in einer Abwärtsspirale. Wie kann man den Verlust aufhalten oder gar stoppen? «Eine wichtige und unmittelbare Massnahme ist die Schaffung einer ökologischen Infrastruktur», sagt der Biologe. Es müsse genug Raum für die biologische Vielfalt vorhanden sein. Erfreut zeigt sich Fischer, dass die Schweizer Politik dies erkannt hat. «Die Strategie hat zum Ziel, die Biodiversität gegenüber Veränderungen reaktionsfähig zu halten.» Nach Ansicht des Wissenschaftlers ist dies ein sehr guter Schritt, um politische Massnahmen zu ergreifen.