Die Schweizer Gefängnisse sind voll – übervoll sogar. Die Belegungsrate beläuft sich auf knapp über 100 Prozent. Besonders angespannt ist die Situation in der Westschweiz.
Auf Antrag des Westschweizer Strafvollzugskonkordats hat die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren KKJPD im November deshalb einen brisanten Entscheid gefällt, wie Recherchen von «10vor10» zeigen. Sie hat das Bundesamt für Justiz damit beauftragt, abzuklären, ob in der Schweiz gefällte Strafurteile auch in Deutschland oder Frankreich vollzogen werden könnten.
Entscheid ist umstritten
Mit dem Export von Häftlingen in grenznahe Gefängnisse möchten die Kantone vor allem die Engpässe in den Schweizer Vollzugsanstalten beheben. Der jurassische Justizdirektor Charles Juillard: «Man muss jetzt neue Lösungen finden. Die beste Lösung wäre natürlich, neue Gefängnisse zu bauen. Aber das ist teuer und dauert lange. In der Zwischenzeit könnte man Häftlinge in Deutschland unterbringen».
Der Entscheid für den Prüfungsauftrag an den Bund war innerhalb der KKJPD heftig umstritten. Er kam nur mit Stichentscheid des Präsidenten zustande, wie interne Papiere zeigen, welche «10vor10» vorliegen. Der St.Galler Justizdirektor Fredy Fässler hat gegen den Antrag gestimmt: «Wir geben politisch ein völlig unverständliches Signal, wenn wir sagen, wir sind nicht mehr in der Lage, unseren Strafvollzug selber zu gewährleisten. Man sollte die ganze Übung sofort abbrechen».
Die Mehrheit der Kantone steht der Idee des Strafvollzugs im Ausland jedoch positiv gegenüber. Das Bundesamt für Justiz ist nun daran, den zwischenstaatlich notwendigen Rechtsrahmen abzuklären. Wann der Bericht vorliegen wird, ist noch unklar.