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Schweiz Zuwanderung: So will die Wirtschaft die Verfassung aushebeln

Die grossen Wirtschaftsverbände legen am Freitag ihren Vorschlag zur Umsetzung der Masseinwanderungsinitiative auf den Tisch. Dabei erstaunt vor allem ein Punkt: Kurzaufenthalter, die nur für ein Jahr in der Schweiz arbeiten, sollen von einer Kontingentierung ausgenommen werden.

Roland A. Müller, Direktor des Arbeitgeberverbandes, begründet die Pläne der Wirtschaft so: «Wir unterscheiden zwischen Leuten, die eine beschränkte Zeit in der Schweiz arbeiten und solchen, die sich eine längere Zeit hier niederlassen wollen.»

Weil bei den Kurzaufenthaltern klar sei, dass diese nach einem Jahr das Land verlassen, gelten sie gemäss Müller nicht als Zuwanderer. Demzufolge müssten sie auch nicht kontingentiert werden. Allerdings ist für die Wirtschaftsvertreter klar: Ein Kurzaufenthalter soll seinen Aufenthalt in Zukunft nicht mehr verlängern können. Er müsste nach einem Jahr eine kontingentsrelevante Aufenthaltsbewilligung (heutige B-Bewilligung) beantragen.

Dadurch scheinen die Wirtschaftsvertreter den neuen Verfassungstext zu unterlaufen. Denn dort heisst es klar, dass Kontingente für alle Ausländer-Bewilligungen gelten sollen. Wenig erstaunlich ist deshalb auch die Reaktion von SVP-Präsident Toni Brunner. Ausnahmen von Kontingentsregelungen dürfe es keine geben, sagt er gegenüber «10vor10». Allerdings sei man seitens der SVP bereit, bei den Kurzaufenthaltern grosszügige Kontingente zu schaffen.

Neue Bewilligung für Fachkräfte und Forscher

Die Wirtschaftsvertreter bringen noch einen weiteren Vorschlag auf: Sie wollen für Forscher, Fachleute und Spezialisten eine Ausnahmebewilligung schaffen. Diese soll für maximal drei Jahre gelten und ebenfalls keiner Kontingentierung unterliegen.

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Die Wirtschaft sei fachlich auf solche Arbeitskräfte angewiesen, heisst es im Papier des Arbeitgeberverbandes. Ähnlich wie bei den Kurzaufenthaltern soll diese Sondergruppe keinen Anspruch auf ständigen Aufenthalt in der Schweiz haben.

CVP-Fraktionschef Urs Schwaller gibt sich kritisch gegenüber den Vorschlägen der Wirtschaft. Er möchte sehr nahe am Initiativtext bleiben: «Sonst droht die Gefahr, dass die Initianten uns vorwerfen können, den Volksentscheid nicht zu respektieren.»

Zur umstrittenen Frage, wie eine Kontingentierung ausgestaltet sein könnte, damit sie EU-kompatibel ist – dazu steht im Papier der Schweizer Wirtschaft kein Wort.

Wenig Aussichten auf Erfolg

«In dieser Form hat dieser Vorschlag kaum eine Chance», meint SRF-Korrespondent Gion-Duri Vincenz. Schon am 9. Februar habe sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga für eine konsequente Umsetzung der Initiative ausgesprochen. Zudem ortet er auch Widerstand von Gewerkschaften und Linken. Die angestrebte Lösung orientiere sich zu stark am ehemaligen Saisonnierstatut.

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