Die invasive Quagga-Muschel breitet sich hierzulande schier unaufhaltsam aus – und bedroht damit das Ökosystem der Schweizer Gewässer. Den Fischen frisst sie das Futter weg, zudem verstopft sie etwa am Genfersee Rohre und beschädigt Filter in Trinkwasseranlagen. Sie könnte gar Seewasserwerke befallen. «Es besteht das Risiko, dass sie unsere Anlagen befällt. Das könnte zu betrieblichen Einschränkungen führen», sagt etwa Heinz Binggeli von Energie Service Biel zu SRF News.
Die Quaggamuschel breitet sich in der Schweiz aus
Entdeckt worden ist die aus dem Schwarzen Meer stammende Quagga-Muschel in der Schweiz erstmals im Jahr 2014 im Rhein bei Basel. Seither breitet sie sich rasant aus und besiedelt laut dem Wasserforschungsinstitut Eawag zahlreiche Seen in der Schweiz, etwa den Bodensee, Neuenburgersee, Genfersee, Bielersee, Murtensee und den Stausee Lac de l’Hongrin im Waadtland.
Der künstliche See bei Leysin zeigt exemplarisch, dass die Menschen eine entscheidende Rolle dazu beitragen, dass sich die Quagga-Muschel immer stärker ausbreitet. Denn das Wasser für den Stausee wird aus dem Genfersee hochgepumpt, der voll mit den Muscheltieren ist.
Quagga-Muschel reist als «blinder Passagier» von See zu See
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die exotischen Schalentiere in die anderen Saane-Seen und damit in die Saane gelangen. Und dort das ökologische Gleichgewicht und Kraftwerke bedrohen. «Die Quagga-Larven sind mobil, sie werden durch die Gewässer geschwemmt. Wir erwarten in den nächsten Jahren eine Invasion in der Saane und den Seen, die sie durchfliesst», sagt Catherine Folly, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Amt für Umwelt des Kantons Freiburg.
Nicht alle Gewässer in der Schweiz sind befallen: Im Vierwaldstätter-, Thuner- und Brienzersee etwa sind die Quagga-Muscheln noch nicht aufgetaucht. Doch das könnte sich schon bald ändern. Denn die Quagga-Muschel reist als «blinder Passagier» am Rumpf von Booten oder im Kühlwasser mit. Hobby-Kapitäne, die mit ihren Wasserfahrzeugen auf verschiedenen Seen unterwegs sind, bringen die Quagga-Muscheln unbeabsichtigt von einem Gewässer ins andere.
Vor zwei Jahren haben darum die Kantone Bern und Freiburg alle Bootsbesitzerinnen und Bootbesitzer angeschrieben. Und sie dazu aufgerufen, ihre Boote gründlich zu reinigen, bevor sie den See wechseln. «Der Idealfall wäre ein Verbot, Boote von einem See in den anderen zu transportieren», sagt Eawag-Experte Piet Spaak. Dies sei aber in der Schweiz aus politischen Gründen nicht realistisch.
Der Idealfall wäre ein Verbot, Boote von einem See in den anderen zu transportieren.
Es gebe auch keine gesetzliche Grundlage für eine Reinigungspflicht der Boote, führt Claudia Minkowski, Leiterin des Gewässer- und Bodenschutzlabors des Kantons Bern, aus. «Wir setzen auf Freiwilligkeit und die Sensibilisierung der Bootsbesitzer.» Dazu hat der Kanton in Häfen Infoplakate aufgestellt. In Aarberg wurde zudem eine Bootswaschanlage installiert.
Welche Konsequenzen die Quagga-Muschel für die Schweizer Seen tatsächlich hat, ist noch unklar. Fest steht, dass sich die exotischen Muscheln im Bodensee bis in eine Tiefe von 250 Metern ausbreiten. Spaak ist pessimistisch: Anhand der Beobachtungen aus Nordamerika müsse man befürchten, dass die invasive Art die Seeökosysteme aus dem Gleichgewicht bringt.