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Schweizer Käsesorte im Ausland Wie der Emmentaler ins Allgäu kam – und um seinen Namen kämpft

Grosse Löcher und ein massiver 100-Kilo-Laib: So kennt man den Emmentaler. Doch der weltweite Ruhm bringt Markenprobleme mit sich: Jetzt hat ein EU-Gericht dem Emmentaler den Markenschutz verwehrt. Die Odyssee einer Käsesorte.

Ob Emmentaler oder Gruyère: Manch ein Schweizer Käse wird längst nicht mehr nur da produziert, wo sein Name herkommt.

Weltweit haben Käsehersteller die Produktionsweisen übernommen und verkaufen ihn namensgleich. Und dies zu Recht – so hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) zumindest im Fall Emmentaler heute entschieden. Doch wie kam der Traditionskäse überhaupt auf Abwege aus dem Emmental?

Laib Käse mit Löchern
Legende: Ein Laib Emmentalerkäse wird in einer Schweizer Käserei zugeschnitten, aufgenommen am 15. Mai 1943. Die Löcher entstehen durch die Fermentierung. Milou Steiner/Keystone

Es war einmal im Emmental

Der Emmentaler Käse findet 1557 als eines der ersten Male schriftlich Erwähnung. Und zwar als Hochzeitsmitbringsel: «Der Ratsherr Hans Rust aus Burgdorf schenkt dem Basler Arzt Felix Platter zur Hochzeit einen 'schönen Emmentaler Chäs'.»

Der Ratsherr Hans Rust aus Burgdorf schenkt dem Basler Arzt Felix Platter zur Hochzeit einen 'schönen Emmentaler Chäs'

Bereits im 16. Jahrhundert verkauften Emmentaler Käser ihr Produkt aber über ihre Region hinaus. Im 19. Jahrhundert entstehen im Bernerland viele Talkäsereien.

Mann stellt Käse her
Legende: Handwerkliche Käseherstellung in der Ilfis-Käserei in Langnau im Emmental. Foto ohne Datum, der Fotograf war in Bern aktiv seit etwa 1938. Burgerbibliothek/Eugen Thierstein

In der Folge wird immer mehr Emmentaler produziert. Emmentaler Tuch- und Leinenhändler nehmen den Käse in ihr Geschäft auf, der Handel damit floriert.

Emmentaler auf Abwegen

Durch den Handel kommen auch Konsumentinnen und Konsumenten ennet der Landesgrenzen auf den Geschmack. Der Schweizer Käsermeister Johann Althaus führte den Emmentaler im Allgäu ein: Es entsteht der 'Allgäuer Emmentaler', ein kürzer gereifter Typ. Er wird bereits seit dem 19. Jahrhundert im Allgäu gekäst. Daneben ist in Deutschland der 'Hartkäse nach Emmentaler-Art' bekannt.

Ein Käser in der Käserei Ilfis im Emmental beim Herstellungsprozess
Legende: Ein Käser in der Käserei Ilfis im Emmental: Mit dem heutigen Emmentaler mit den Löchern und den 100-Kilogramm-Laiben hatte der Emmentaler aus dem 16. Jahrhundert wenig gemein. Der Begriff war damals eine reine Herkunftsbezeichnung. Die Produktionsprozesse wurden im Emmental – wie in der ganzen Schweiz – erst spät im 19. Jahrhundert standardisiert. Burgerbibliothek/Eugen Thierstein

In Frankreich entsteht der 'Emmental français est-central' und der 'Emmental de Savoie'. Doch auch in Österreich, Dänemark, der Türkei und in Ungarn wird der Käse mit den arttypischen Löchern verkauft. Meist jedoch erkennt man ihn nicht (mehr) am Namen: Die österreichische Variante heisst beispielsweise Höhlentaler. In Ungarn war der Käse zwar von 1908 an unter dem Namen 'Ementáli sajt' verkauft worden, seit 1981 nennt man ihn aber 'Pannónia'.

Kasereri in schwarz-weiss mit zwei Herstellern
Legende: Lager der Käseunion in Zollikon bei Bern, aufgenommen am 17. März 1966. Urs Widmer/Keystone

Milchproduzenten, Käsehändler und der Bund gründen 1920 die Schweizerische Käseunion in Bern, um den Schweizer Käsemarkt zu stärken. Sie regulierte Produktion und Verkauf der Käsesorten Emmentaler, Gruyère und Sbrinz.

Käseunion abgeschafft

Ende der 90er-Jahre wurde die Käseunion abgeschafft. 70 Jahre lang war sie ein schützendes Dach für die Milchbranche: Sie sorgte für Preis- und Mengengarantien – selbst Überschussmengen wurden abgekauft. Damals wurden rund 50'000 Tonnen Emmentaler pro Jahr produziert, was weit vom Bedarf des Marktes entfernt war.

Mit dem Ende der Käseunion mussten sich auch Käseproduzentinnen und -produzenten und Vertrieb an den Bedürfnissen des Marktes orientieren, um zu überleben. Für viele eine Herausforderung.

Sinkender Absatz

Der Schweizer Käseunion wird oft nachgesagt, sie habe es verpasst, die Bezeichnung Emmentaler schützen zu lassen. Die Grundlage für den Markenschutz gab es in Europa aber schon 1882 – Emmentaler wurde jedoch bereits damals ausserhalb der Schweiz produziert.

Emmentaler Käse ist in der EU keine geschützte Marke

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  • 2006: In der Schweiz ist Emmentaler seit 2006 im Register der «geschützten Ursprungsbezeichnungen» (AOP) eingetragen. Darin definiert sind die Herstellungsauflagen von Emmentaler AOP.
  • 2015: Es folgte ein Eintrag als erste «geografische Marke» der Schweiz durch das Institut für geistiges Eigentum (IGE). Es entstand im Zusammenhang mit der Swissness-Gesetzgebung («wo Schweiz draufsteht, soll Schweiz drin sein»). Dies wollte man auf die EU ausdehnen. Dort gibt es etwas, das sich «Unionskollektivmarke» nennt.
  • 2018-2022: 2018 gab es eine sogenannte Schutzverweigerung des Europäischen Patentamtes. Es folgte ein Rechtsstreit um die Klage der Schweizer Branchenorganisation Emmentaler Switzerland, Beschwerden und schliesslich die Verhandlung in Luxemburg im Namensstreit um den Emmentaler Käse.
  • Mai 2023: Der Begriff Emmentaler kann in der EU nicht als «Unionsmarke» für Käse geschützt werden, das hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg entschieden. Die Schweizer Branchenorganisation hatte beim Amt der EU für geistiges Eigentum (EUIPO) zuvor vergeblich versucht, den Emmentaler als geografisch ans Emmental gekoppelten Käse eintragen zu lassen.
  • Das EUIPO findet, dass Emmentaler eine Art ist, Käse zu machen – was also beispielsweise auch in Camembert möglich wäre. In der EU werde Emmentaler bei den Konsumentinnen und Konsumenten als Käsesorte wahrgenommen – und nicht als geografische Herkunftsangabe. Deshalb könne der Begriff nicht geschützt werden.

Der Emmentaler kämpft nicht nur um seinen Markennamen, sondern auch gegen die sinkende Nachfrage. «Die globale Wirtschaftskrise macht uns zu schaffen. Schweizer Käse ist generell relativ teuer», sagt Urs Schlüchter, Direktor von Emmentaler Switzerland. Emmentaler sei exportlastig, zwei Drittel würden ins Ausland verkauft. Davon seien sie direkt betroffen. «Ein Teil davon ist aber möglicherweise auch auf die nicht umfassend geschützte Marke zurückzuführen», so Schlüchter.

Emmentaler ist exportlastig, zwei Drittel werden ins Ausland verkauft.
Autor: Urs Schlüchter Direktor Emmentaler Switzerland

Sie geben darum auch nach dem heutigen Urteil noch nicht auf im Kampf um den Markenschutz. «Das Urteil zementiert den Status Quo.» Es gebe aber noch andere Wege: «Eine Möglichkeit bietet der Schutz des Emmentaler AOP, das eine Ursprungsbezeichnung ist. Weitere Optionen bieten Wort-Bild-Marken oder bilaterale Ursprungsverträge. In Italien gilt beispielsweise heute einen umfassenden Schutz.»

Tagesschau, 24.05.2023, 19:30 Uhr

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