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Schweizer Namen im Call-Center «Das heisst, es gibt gute und schlechte Namen. Das geht nicht»

Ein Versicherungskonzern ermuntert Mitarbeitende mit fremdländisch klingenden Namen für ihre Arbeit im Call Center, schweizerische Namen anzunehmen. Das sei nicht rassistisch, aber diskriminierend, sagt Martine Brunschwig Graf, Präsidentin der Kommission gegen Rassismus.

Bei Swiss Life benutzen Mitarbeiter Schweizer Alias-Namen

  • «Aus Mehmet wird Tobias». So titelt die «Sonntagszeitung» und berichtet, wie der Versicherungskonzern Swiss Life Mitarbeitende mit fremdländisch klingenden Namen für ihre telefonische Beratungsarbeit im Call Center schweizerische Namen annehmen lässt.
  • Laut dem Unternehmen erhöhe das die Erfolgschancen im Kundenkontakt. Zudem haben die Beschäftigten die Chance auf eine «attraktive Erfolgskomponente».
  • Die Angestellten würden «ausschliesslich freiwillig» entscheiden, ob sie mit einem falschen Schweizer Namen arbeiten.

Die Präsidentin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) und Genfer FDP-Politikerin Martine Brunschwig Graf kritisiert die Praxis von Swiss Life mit schweizerischen Alias-Namen heftig.

SRF News: Was stört sie an einer freiwilligen Namensänderung?

Das Problem ist nicht die Freiwilligkeit. Das Problem ist, dass ein Unternehmen denkt, dass es besser ist, einen schweizerischen statt einen anderen Namen zu tragen. Das stört wirklich.

Sie sagen, das ist diskriminierend?

Ja, das ist diskriminierend, es ist zwar nicht rassistisch oder strafbar, aber es ist ein Stereotyp, dass es ‹gute Namen› gibt und andere Namen. Diese Botschaft ist wirklich nicht gut.

Eine Studie hat schon 2003 gezeigt, dass Bewerber mit fremd klingenden Namen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Jetzt könnte man sagen: Immerhin stellt doch Swiss Life Mitarbeitende mit ausländisch klingenden Namen an.

Die Studie ist sicher richtig. Aber Swiss Life bestätigt damit, dass es gute und nicht gute Namen gibt. Es gibt aber auch Schweizer Namen, die sehr ausländisch klingen. Ich würde sagen, dass ist eine Bestätigung des schlechten Stereotyps, das man schon von Namen und deren Herkunft hat.

Das heisst, es gibt gute und schlechte Namen. Das geht nicht.
Autor: Martine Brunschwig Graf Eidg. Kommission gegen Rassismus

Aber sie stimmen zu, dass das ursächliche Problem nicht bei dem Unternehmen, sondern bei der Gesellschaft, notabene bei einer Kundschaft liegt, die diskriminiert?

Das Problem ist da, weil Swiss Life entschieden hat, dieses Vorgehen weiterhin so zu handhaben. Es gibt leider schlechte Reaktionen von Kunden, das kennt man. Wenn aber eine Firma entscheidet, solche Reaktionen auf fremde Namen zu vermeiden, verlängert und bestätigt das die Problematik. Und das bleibt auch für Swiss Life problematisch.

Vor acht Jahren scheiterte ein Vorstoss im Ständerat, Eingebürgerten eine «Helvetisierung» ihres Namens zu erlauben, um ihnen bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Ich spreche Sie jetzt als FDP-Politikerin an: Wenn schon Unternehmen zu dieser Lösung greifen, müsste man diesen Vorschlag von SP-Ständerätin Anita Fetz nicht aus der Schublade holen?

Warum muss die FDP mit einem solchen Entscheid einverstanden sein? Ich finde das völlig falsch. Was wäre das für ein Signal? Und was ist ein «helvetischer Name»? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Es ist diskriminierend, wenn man sagt, du hast einen «schlechten» Namen, jetzt hast du die Chance, einen «besseren» zu haben.

Unsere Herkunft, unsere Eltern – das sind Sachen die für jede Person wichtig sind. Wenn andere entscheiden, was ist ein guter oder nicht guter Name, finde ich das wirklich gefährlich und nicht vertretbar.

Was schlagen Sie vor, wie sollen Unternehmen das Problem lösen, dass Kunden schlecht auf fremde Namen reagieren?

Es tut mir leid, das Problem ist ganz einfach zu lösen: Diesen Unterschied zwischen Namen muss man nicht machen. Fertig Schluss.

Das Gespräch führte Isabelle Jacobi.

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