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Schweizweite Premiere in Uster Zum ersten Mal teilt ein Computer Schulklassen ein

In Uster hat erstmals ein Zuteilungs-Algorithmus die Schulklassen eingeteilt. Das Ziel: Eine bessere Durchmischung.

Die Zürcher Gemeinde Uster versucht etwas Neues und leistet damit schweizweit Pionierarbeit: Seit Montag sind die Schulklassen anders zusammengesetzt – ausgewählt von einem Computer und nicht mehr von Verwaltungsangestellten.

Ein Algorithmus soll die Schulen ausgeglichener machen

Grund dafür ist das Ziel, dass in allen Ustermer Klassen in etwa gleich viele Kinder sein wollen, die weniger gute Deutschkenntnisse mitbringen. Dadurch sollen bildungsferne Schulkinder nicht allzu dicht in einzelnen Klassen verteilt sein.

Beispielhaft hierfür ist das Schulhaus Krämeracker: Es liegt in einem Quartier mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Ausländerinnen und Ausländern. Seit Beginn des neuen Schuljahres am Montag sind die Klassen hier anders zusammengesetzt.

Ein Schüler streckt die Hand während der Schulstunde empor.
Legende: Gemäss der Wissenschaft hat es keinen Einfluss auf die Leistung einer Klasse, wenn bis ein Drittel der Kinder nur schlecht Deutsch spricht. Keystone / Ennio Leanza

Dies aufgrund eines Algorithmus, wie die Ustermer Stadträtin Patricia Bernet (SP) ausführt. «Mit dem Algorithmus werden die Ränder des Schul-Einzugsgebiets flexibler gestaltet.» Heisst: Schulkinder kommen dann allenfalls nicht in das gewohnte Schulhaus, sondern in ein Nachbarschulhaus.

Zwar habe man dies schon früher so gehandhabt – dank des neuen Algorithmus aber werde dies noch «prägnanter» durchgesetzt. Und dadurch werde die angestrebte Durchmischung besser erreicht, so Bernet weiter.

Uster machts vor – andere warten ab

Uster ist die erste Gemeinde der Schweiz, die diesen neuen Algorithmus einsetzt. Entwickelt hat diesen Algorithmus Oliver Dlabac. Der Politikwissenschaftler bricht mit seinem Programm die alten Einzugsgebiete der Schulhäuser auf – und zieht die Grenzen neu.

Klingt nach mehr, als es eigentlich ist: «Dies findet meist innerhalb der Quartiere statt», sagt Dlabac. Das reiche aus, um eine gute Schulqualität zu erreichen. Und das heisst auch: Die Schulwege bleiben für alle Kinder mehr oder weniger gleich lang, auch wenn sie sich ändern.

Während Uster als erste Schweizer Stadt damit zur Tat schreitet, warten andere Gemeinden noch ab. Zwar beteiligten sich etwa auch Bern, Zürich oder Winterthur an einem Versuch – sie wollen aber bislang auf die Einführung verzichten.

In Bern ist die Einführung dieses Zuteilungs-Algorithmus an den Schulbehörden gescheitert: Die Mehrheit habe sich dagegen entschieden, sagt Gemeinderätin und Berner Schulvorsteherin Franziska Teuscher (Grüne).

Eine Wandtafel mit der Aufschrift «Zukunft».
Legende: Ob das Modell aus Uster nun schweizweit Schule macht, wird sich zeigen. Keystone / Ennio Leanza

Nach Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile hätten die Schulleitungen befunden, dass sich der zusätzliche Aufwand nicht lohne. Dennoch findet auch Franziska Teuscher die Idee des Algorithmus grundsätzlich gut. Sie sei jetzt gespannt, wie sich das in Uster auswirkt.

Klassenzusammensetzung entscheidend für Lernerfolg

Aus wissenschaftlicher Sicht sei dieser Algorithmus als Hilfsmittel zu begrüssen, sagt Katharina Maag, Professorin für Erziehungwissenschaft an der Universität Zürich. Für den schulischen Erfolg eines Kindes sei es entscheidend, wie die Klasse zusammengesetzt sei.

Wenn viele Kinder in einer Klasse schlechte Deutschkenntnisse haben, dann leide die ganze Klasse darunter. Die kritische Schwelle liege bei rund einem Drittel: «Bis zu einem Anteil von etwa 20, 30 Prozent zeigt sich keine Leistungseinschränkung», sagt Maag.

Katharina Maag blickt nun ebenfalls interessiert nach Uster und den neuen Algorithmus von Oliver Dlabac. Dieser wiederum räumt ein, dass sein Algorithmus nicht das Wundermittel zur absoluten Chancengleichheit sei. Denn gewisse Ungleichheiten blieben bestehen.

Rendez-vous, 21.08.2023, 12:30 Uhr ; 

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