An diesem Wochenende heisst es auf dem Campus Sursee in Oberkirch: «Hauruck!» oder wohl professioneller «Seil auf! Spannen! Ready! Pull!» Über 1000 Athletinnen und Athleten messen sich an der Weltmeisterschaft im Seilziehen. Nebst der Schweiz sind Nationen wie die Niederlande, Südafrika, Schweden, Thailand oder Zimbabwe dabei.
Insgesamt haben sich 23 Nationen für die WM angemeldet. Am Seil gezogen wird in verschiedenen Gewichtsklassen. Es gibt Männer-, Frauen- und gemischte Wettkämpfe.
Starker Wille und Mannschaftsgeist
Die Schweiz gehört zu den grossen Favoriten: «Bei den internationalen Titelkämpfen in den letzten zehn Jahren hat die Schweiz gut 50 Prozent der Goldmedaillen gewonnen», sagt Marcel Amhof vom Schweizer Tauziehverband.
Seilziehen diente früher als Symbol für den Kampf zwischen Gut und Böse. Heute ist von dem nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Seilziehen ist ein Mannschaftssport, der sehr viel mit Teamwork zu tun hat.
Das Kräftemessen ohne Körperkontakt, wo Taktik eine grosse Rolle spielt, macht für viele Seilzieherinnen und Seilzieher den Reiz der Sportart aus. «Mich fasziniert, dass man zusammen etwas erreichen kann. Dass es den Willen jedes Einzelnen braucht», sagt Carmen Rölli vom Seilziehclub Ebersecken. Sie ist Mitglied des Frauen-Nationalteams.
Seilziehen ist nicht einfach Seilziehen
Zum Seilziehen braucht es – klar – ein Seil. Dieses muss vier Meter in die eigene Richtung gezogen werden. Wer zwei Züge gewinnt, ist Siegerin oder Sieger. Tönt einfach, ist es aber nicht. Das fängt schon beim Gewicht an. Im Seilziehen gibt es verschiedene Gewichtsklassen: 500 und 540 Kilogramm bei den Frauen. 560, 640 und 680 Kilogramm bei den Männern. Im Mix-Wettkampf dürfen 580 Kilogramm nicht überschritten werden.
Das heisst konkret: Die acht Athletinnen oder Athleten einer Mannschaft müssen zusammen so viel wiegen, wie es die Gewichtsklasse vorschreibt. Es gibt ein paar Tage vor dem Wettkampf einen Stichtag, da wird gewogen. Haargenau muss das Gewicht stimmen, da wird vorher gehungert, allenfalls noch kurzfristig in der Sauna geschwitzt, um einige Gramm loszuwerden oder eine Runde zusätzlich gejoggt.
Ist der Stichtag mal vorbei, das Gewicht exakt erreicht, darf und muss sogar bis zum Wettkampf wieder gefuttert werden. «Jedes Kilo, das die Mannschaft wieder zulegt, tut dem Gegner weh», sagt Ivo Lustenberger vom Seilziehclub Luthern und Mitglied der Schweizer Herren-Nationalmannschaft.
Jedes Kilo, das die Mannschaft wieder zulegt, tut dem Gegner weh.
Neben dem Gewicht gibt es noch weitere Spezialitäten, die die Sportart ausmachen. Zum Beispiel das Harz an den Händen. Dieses braucht es für den Halt am Seil. Doch Harz ist nicht gleich Harz: «Das ist eine ziemliche Tüftelei. Da hat jeder Club sein eigenes Rezept. Wir haben verschiedene Harze, je nach Wetter», sagt Seilzieherin Carmen Rölli. Auch die Schuhe sind besonders. Es sind umgebaute Schlittschuhe. Die Kufen werden abgenommen, Eisen- und Holzplatten neu an die Sohle montiert.
Ein Podestplatz ist das Ziel
Es braucht also einiges für den perfekten Wettkampf. Und den wollen die Schweizerinnen und Schweizer am Wochenende an den Weltmeisterschaften liefern. Am Freitagabend stieg die grosse WM-Eröffnungsfeier.
Die Schweiz tritt in allen zwölf Kategorien an. Das Ziel ist hochgesteckt: «Wir wollen bei jeder Gewichtsklasse aufs Podest. Wir sind guten Mutes, dass wir das erreichen», sagt Marcel Amhof vom Schweizer Tauziehverband.