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Selbstständig oder angestellt? Teilsieg für Uber vor Gericht

  • Sind Uber-Fahrer Angestellte oder nicht? Das ist die Grundfrage, die über das Uber-Modell in der Schweiz entscheiden wird.
  • Das Sozialversicherungsgericht Zürich hat nun einen lange erwarteten Entscheid gefällt, der «10vor10» exklusiv vorliegt.
  • Das Gericht weist den Fall an die Suva zurück.

Der Fahrdienstleister Uber betrachtet die Fahrer als selbstständig und kassiert pro Fahrt eine Vermittlungsgebühr von rund 25 Prozent. Die Suva hingegen hatte 2016 verfügt, dass Uber die Fahrer anstellen und Sozialversicherungs-Beiträge zahlen müsse. Uber zog den Entscheid ans Sozialversicherungsgericht Zürich weiter. Im Urteil vom 10. Juli 2018 gibt das Gericht Uber nun zum Teil recht – und weist den Fall an die Suva zurück.

Komplexes Firmen-Konstrukt

Die Krux: Die Suva hatte entschieden, dass die «Uber Switzerland GmbH», der Schweizer Ableger von Uber, Arbeitgeberin der Uber-Fahrer sei. Die Verträge und die Geldflüsse aller Schweizer Fahrten laufen aber über die «Uber B.V.» in Amsterdam. In seinem Entscheid kommt das Sozialversicherungsgericht Zürich nun zum Schluss: Beim Schweizer Uber-Ableger sei «nicht erstellt, dass er in irgendeiner vertraglichen Beziehung» zu den Fahrern stehe. Und weiter: «Obwohl in den Akten nichts für die Arbeitgebereigenschaft» der holländischen Firma spreche, «kann diese nicht endgültig ausgeschlossen werden.»

Klarheit erst in Jahren

Das heisst: Der Status der Fahrer bleibt weiter ungeklärt. Die Suva muss nun abklären, ob statt der Schweizer die niederländische Firma die Arbeitgeberin der Schweizer Fahrer ist. Der Entscheid sei nachvollziehbar, sagt Thomas Gächter, Professor für Sozialversicherungsrecht an der Universität Zürich. Denn die rechtliche Konstruktion von Uber ist hoch komplex. Gächter: «Bei Uber betreut eine Gesellschaft die Software und formuliert die Vorgaben, wie die Fahrer vorzugehen haben, eine andere rechnet ab und mit einer Dritten bestehen Verträge.»

Bei Uber betreut eine Gesellschaft die Software und formuliert die Vorgaben, wie die Fahrer vorzugehen haben, eine andere rechnet ab und mit einer Dritten bestehen Verträge.
Autor: Thomas Gächter Professor für Sozialversicherungsrecht, Universität Zürich

Das bedeutet: In der Kernfrage selbst wurde nichts entschieden. Bis die Gesellschaft und die Branche eine Antwort haben, ob das Plattform-Modell von Uber so in der Schweiz zulässig ist oder nicht, dürfte es nun noch Jahre dauern. Gächter geht aber davon aus, dass die Fahrer in der Schweiz sozialversicherungsrechtlich letztlich als unselbstständig gelten werden: «Bei Uber sticht vor allem ins Auge, dass die Fahrer kaum Gestaltungsmöglichkeiten haben, wie sie den Auftrag ausführen wollen, wenn sie für Uber fahren.»

Uber schreibt, man freue sich, nun den Dialog mit den Behörden weiterführen zu können. Zugleich macht die Firma ihre Position nochmals klar: «Den Fahrern, die die Uber-App nutzen, steht es vollkommen frei, ob, wann und wo sie diese nutzen möchten.» Und: «Viele politische und gesellschaftliche Akteure in der Schweiz diskutieren bereits darüber, wie man einen passenden Rahmen für die neuen Arbeitsformen von heute finden kann. »

Unia: «Grösster 'Lohnbschiss' geht weiter»

Die Gewerkschaft Unia kritisiert den Entscheid heftig. Der Transport-Verantwortliche Roman Künzler sagt auf Anfrage: «Unsere Behörden sind offensichtlich von solchen unverfrorenen Arbeitgebern mit riesigen Geldmitteln komplett überfordert.» Uber halte die Fahrer bereits seit fünf Jahren in einem «Zustand der Scheinselbständigkeit». Künzler: «Nun geht der grösste 'Lohnbschiss' der Schweiz einfach noch Jahre weiter.»

Teilsieg könnte sich als Risiko entpuppen

Der jetzige Teilsieg könnte sich aber auch für Uber langfristig als Risiko entpuppen. So sagt Sozialversicherungs-Experte Gächter: «Wenn nach Jahr und Tag dann auch gerichtlich festgestellt würde, dass Uber-Fahrer als unselbstständig gelten, könnte das zu erheblichen Nachzahlungsverpflichtungen von Sozialversicherungsbeiträgen führen, was sehr kostspielig wäre.» Allerdings: Zahlen muss vorerst nur die Suva. Sie muss laut dem Urteil den beiden beteiligten Uber-Firmen nun «Prozessentschädigungen von je 1250 Franken» überweisen.

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