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Service-Abbau Poststellen-Schwund: Der Kampf der Landbevölkerung

Mehr als jede dritte Poststelle ist von der Schliessung bedroht. Als Alternative propagiert die Post-Agenturen und Hausservice. Doch viele Postkunden überzeugt das nicht. Thomas Baur, verantwortlich für das Poststellennetz, nimmt im «Kassensturz» Stellung.

Das Wichtigste in Kürze:

  • In der Schweiz gibt es noch 1235 traditionelle Poststellen. Und die Post will diese weiter abbauen: Ein Drittel der bestehenden Poststellen ist von der Schiessung bedroht.
  • Vor allem in der Landbevölkerung geht die Angst um, abgehängt zu werden. Zum Beispiel im Kanton Uri. Als Ersatz gibt es neu Agenturen und Hausservice. Doch diese überzeugen nicht. Nun fordert die Politik die Post auf, das Tempo zu drosseln und stärker regional zu planen.
  • Thomas Baur, verantwortlich für das Poststellennetz nimmt im «Kassensturz» Stellung.

Bei Heidi Meier klingelt der Pöstler schon lange nicht mehr. Sie wohnt in Bauen am Vierwaldstättersee. In der kleinsten Urner Seegemeinde ist die Poststelle schon vor Jahren geschlossen worden. Heidi Meier ist mit der jetzigen Lösung, dem Hausservice, nicht zufrieden: «Am Anfang kam der Pöstler an vier Tagen, jetzt sind es nur noch zwei, eine Tageszeitung kann ich gar nicht haben.»

Weil sie etwas ausserhalb wohnt, kommt der Hausservice nicht bis zu ihr nach Hause, sie muss zum Nachbar gehen, wenn sie den Dienst in Anspruch nehmen will. Sie fühlt sich wie eine Bürgerin zweiter Klasse: «Wenn man ausserhalb wohnt, bekommt man nur noch die Hälfte der Leistung wie die Leute im Dorf.»

Heikle Einschreiben an der Volg-Kasse

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Im Nachbardorf Seedorf gibt es eine Postagentur im Volg-Laden, eine von zwölf Agenturen, die in Uri die Grundversorgung sicherstellen sollen. Die Poststelle in Seedorf wurde vor drei Jahren geschlossen. Fabienne Herger führt die Volg-Filiale mit der Postagentur. In der «Post im Dorfladen» können die Kunden keine Einzahlungen mit Bargeld, keine übergrossen Pakete und beschränkt Massensendungen aufgeben, alle andern Dienstleistungen sind möglich.

Ältere Leute in Seedorf hätten lieber die Poststelle im Dorf behalten. Kunden und Kundinnen vermissen vor allem die Möglichkeit, Bar-Einzahlungen zu machen und die Diskretion, weil es im Laden eng sei. Fabienne Herger sieht darin kein Problem. Wenn ein Kunde eine Einzahlung mache und ein anderer den Laden betrete, warte man bis dieser vorbeigelaufen sei.

Widerstand aus den Urner Gemeinden

Ein Blick zurück zeigt: Die Post baut seit rund 20 Jahren ihr Netz um. Von ursprünglich 3700 Poststellen, gibt es noch 1235, mehr als jeder dritten droht die Schliessung.

Karte des Kantons Uri mit eingezeichneten Poststellen, Agenturen und Hausservices.
Legende: Im Kanton Uri gibt es noch ganze sechs Poststellen und drei davon sind gefährdet. SRF

Für den Kanton Uri bedeutet dies: Von den einst 26 Poststellen sind bis 2020 noch drei garantiert. Drei weiteren droht die Schliessung. In diesen drei – in Bürglen, Schattdorf und Wassen – regt sich Widerstand gegen die Schliessungen. Im Frühling demonstrierten die Bewohner gegen den Abbau. Die betroffenen Gemeinden haben eine Arbeitsgruppe «Poststellennetz Uri» ins Leben gerufen. Diese fordert, dass keine der sechs bestehenden Poststellen mehr überprüft werden.

Der Vorsitzende der Gruppe ist gleichzeitig Gemeindepräsident von Bürglen. Markus Frösch sagt, klar sei es schwierig, in abgelegenen Regionen den Service Public aufrecht zu halten. Trotzdem fordert er, dass die Post ihre Dienstleistungen auch in den Randregionen so anbietet, dass die Bevölkerung sie nutzen kann.

Strengere Regeln für Post gefordert

Markus Frösch und die Urner Gemeinden sind mit ihren Forderungen an die Post nicht allein. Im Moment sind im Bundesparlament 16 Vorstösse hängig, die die Post beim Umbau an eine kürzere Leine nehmen wollen. Am Donnerstag befindet der Ständerat über verschiedene Vorstösse, in denen es darum geht, regionale Bedürfnisse stärker zu berücksichtigen, die Versorgung auf dem Land zu verbessern. Konkret soll die Regel angepasst werden, die besagt, dass Poststellen oder Agenturen von 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Minuten erreichbar sind sollen.

Die Gemeindepräsidentin von Wassen, Kristin Schnider, fordert ebenfalls ein Umdenken bei der Post. Nicht nur für den Kanton Uri, sondern für alle Bergregionen. «20 Minuten Weg in der Stadt Zürich sind etwas anderes, als 20 Minuten in dieser Region.» Davon wäre auch das lokale Gewerbe stark betroffen.

Poststellen und ihre Alternativen:

Poststelle:
Klassischer Postschalter. Bietet einen umfassenden Service bei Brief- und Paketaufgaben, möglich sind Ein- und Auszahlungen mit Bargeld sowie mit der PostFinance-Card, auch Euro können bezogen werden.
Postagentur:Post-«Zweitgstellen» in Dorfläden, Apotheken oder Tourisumusbüros. Der grösste Teil der Post-Dienstleistungen ist möglich. Wegen des Geldwäschereigesetzes und spezieller Sicherheitsanforderungen können keine Bargeldeinzahlungen gemacht werden. Bezahlung mit Postfinance-Card und Maestrokarten ist möglich. Bargeldbezug 500 Franken ist möglich. Sofern Platz vorhanden, können Massensendungen aufgegeben werden. Und seit dem 01. September 2017 können Kunden monatliche Bareinzahlungen über den Postposten an der Haustüre erledigen.
Hausservice:Wo die Strukturen für eine Agentur fehlen, setzt die Post den Hausservice ein. Wenn Kunden Briefe oder ein Paket aufgeben sowie Einzahlungen in bar bis maximal 10'000 Franken machen wollen, befestigen sie am Briefkasten ein Schild. Der Postbote wickelt die Geschäfte dann an der Haustüre ab.
My Post
24-Automat:
Bis jetzt betreibt die Post über 85 Paketautomaten, an denen Kunden Pakete aufgeben und eingeschriebene Briefe abschicken sowie empfangen können.

«Agenturen decken 97 Prozent der Bedürfnisse ab»

Die Post sagt, man wolle keine Dienstleistungen abbauen. Eine Postagentur decke 97 Prozent aller Bedürfnisse ab. Das sagt Thomas Baur, Verantwortlicher für das Poststellen-Netz bei der Post (Interview mit Ueli Schmezer siehe unten). In einer Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundes beziehe man breite Kreise in die Abbaupläne ein.

Im konkreten Fall führt dies für viele dennoch nicht zum Ziel. Heidi Meier in Bauen und auch ihr Nachbar wohnen ausserhalb des so genannten «Perimeters». Die Post sei gemäss Gesetz schon heute nicht dazu verpflichtet, sie zu beliefern. Die heutige Lösung habe man in Absprache mit Heidi Bauer gefunden.

Moratorium im Kanton Uri

Die Arbeitsgruppe «Poststellennetz Uri» hat mit der Post an einem runden Tisch über Lösungen verhandelt. Vorläufiges Ergebnis ist: Die Überprüfungen der drei gefährdeten Poststellen Wassen, Bürglen und Schattdorf ist bis im Sommer 2018 aufgehoben. Bis dann sollte klar sein, ob die Post strengere Auflagen aus Bern erhält.

Thomas Baur, verantwortlich für das Poststellennetz, nimmt im Interview mit Ueli Schmezer ausführlich Stellung:

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