Transportunternehmen sollen auch weiterhin alle Menschen im regulären, fahrplanmässigen Angebot zu Sportveranstaltungen befördern. Der Nationalrat hat am Mittwoch die entsprechende Vorlage mit 142 zu 30 Stimmen an den Bundesrat zurückgewiesen und ist damit einem Einzelantrag aus der SVP-Fraktion gefolgt.
Die Gegner der Vorlage bezweifelten vor allem die Umsetzbarkeit der Massnahmen auf den Bahnhöfen und kritisierten unter anderem die Einschränkung der Freiheitsrechte als unverhältnismässig. Es gehe nicht an, ganze Gruppen unter Generalverdacht zu stellen.
Hurter: Grossteil der Fans ist unbescholten
Thomas Hurter unterstrich bei seinem Rückweisungsantrag, dass es sich beim überwiegenden Teil der Sportfans um unbescholtene Bürgerinnen und Bürger handle. Die Schäden bei der SBB seien zudem im Sinken begriffen. Gemäss seinem Antrag soll nun der Bundesrat mit allen beteiligten Akteuren – Kantonen, Städten, Transportunternehmen und Sportklubs – «praktikable Lösungen ausarbeiten, welche den lokalen Gegebenheiten anzupassen sind».
Diese Lösungen sollen sich am Pilotprojekt «BSC YB-SBB» orientieren und in einer Transportpartnerschaft zwischen dem Klub und der Fanorganisationen einerseits und dem Transportunternehmen anderseits münden. Ähnliche Charterverträge zur Klärung der Haftungsfragen hatte auch der Bundesrat in seiner Vorlage vorgeschlagen.
Leuthard: Das Personal hat zum Teil Angst
Verkehrsministerin Doris Leuthard wies vergeblich auf die weiterhin bestehenden massiven Probleme bei Fantransporten hin. Nur gerade 26 von insgesamt 76 Fantransporten der SBB seien in der bisherigen Saison 2013/14 problemlos verlaufen. Alle unproblematischen Fälle beträfen den Sportklub YB. Dort seien entsprechende Charterverträge abgeschlossen worden, die eine Haftung im Detail regelten und den Klub von weiteren Verpflichtungen befreiten.
In allen anderen Fällen sei es zur Gefährdung der Transportsicherheit gekommen: Als Beispiele nannte sie Missbräuchen der Notbremsanlage, aus den Bahnwagen gelöste Schrauben, Knallpetarden, Sachbeschädigungen, aber auch Gleisüberschreitungen. Verspätungen von 64 bis 81 Minuten seien die Folge gewesen. «Das Personal hat zum Teil Angst, in die Züge zu gehen», betonte Leuthard.
«Neben der Freiheit des Einzelnen gibt es auch das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum und die öffentliche Ordnung», betonte Leuthard. Heute könne einem Fan die Beförderung erst verweigert werden, wenn er die Verhaltensvorschriften bereits massiv verletzt habe.
Nur die CVP-Fraktion stellte sich vorbehaltslos hinter die Vorlage. Diese sei angemessen und verhältnismässig, sagte Martin Candinas. Die Beförderungspflicht von Fangruppen werde nur eingeschränkt, wenn Extrazüge bereitstünden.
Aebischer: Kommt bald die Ausnahme für Konzertbesucher
In der SP-Fraktion hat sich laut Matthias Aebischer eine Zweidrittelsmehrheit gegen eine Einschränkung der Transportpflicht ausgesprochen. Die Vorlage sei zudem schlichtweg nicht umsetzbar: «Jemand müsste ab Bahnhof entscheiden, wer ein Sportfan ist. Die Durchsetzung wäre reine Willkür», sagte Aebischer und fragte: «Werden bald auch Konzertbesucher und Teilnehmer an 1-Mai-Feiern nur noch beschränkt befördert?»
Und der Grüne Baltasar Glättli brachte die Lage ganz im Sinne der Gegner auf den Punkt: «Das Problem wird überzeichnet, was nicht heisst, dass es keine Probleme gibt.»