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Toni Brunner redet im Nationalratssaal
Legende: Nationalrat Toni Brunner (SVP/SG) während der Debatte im Nationalrat: «Dann haben Sie den Salat!» Keystone

Session Automatische Ausschaffung von Ausländern bei schweren Verbrechen

Ausländer, die ein schweres Verbrechen begehen, sollen automatisch ausgeschafft werden. Nur in schweren persönlichen Härtefällen soll davon eine Ausnahme gemacht werden. Der Nationalrat hat dieser Umsetzung der Ausschaffungsinitiative zugestimmt – gegen den Willen der SVP.

Die SVP hat sich im Nationalrat nicht durchsetzen können. Die grosse Kammer hat der Ausschaffungsinitiative mit Härteklausel zugestimmt.

Nach Meinung der SVP wird damit die heutige Ausweisungspraxis nahtlos weitergeführt. «Das ist nicht der Sinn der Übung», sagte der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Die Härtefallklausel entspreche ziemlich genau dem, was Volk und Stände mit dem Gegenvorschlag zur Initiative 2010 abgelehnt hätten. Die Vorlage sei darum ein grosser Schritt rückwärts.

Schwere Straftaten führen zu Ausschaffung

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Der Nationalrat hatte bei der ersten Beratung vor einem Jahr den Text der noch hängigen Durchsetzungsinitiative als Vorlage für die Umsetzung genommen. Damit ging er über den Verfassungsauftrag hinaus, weil Straftäter auch wegen relativ geringfügiger Straftaten ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz verwirken könnten.

Statt mit 1500 wäre mit geschätzten 11'000 zusätzlichen Ausschaffungen zu rechnen. «Secondos» wären so von der Regelung genau gleich betroffen gewesen wie «Kriminaltouristen».

Der Ständerat hatte sich jedoch in der letzten Session für eine andere Lösung entschieden, welche seine vorberatende Kommission ausgearbeitet hatte: Schwere Straftaten sollen zu einer automatischen Ausschaffung führen. Ausnahmsweise soll das Gericht aber davon absehen können, wenn die Landesverweisung für die Person einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde. Gleichzeitig wird die nicht obligatorische Landesverweisung wieder eingeführt.

«Und dann haben Sie den Salat!»

Bei SVP-Präsident Toni Brunner (SG) löste diese Umsetzung «nichts als Enttäuschung» aus. Das Volk habe 2010 explizit Nein gesagt zur Härtefallklausel, meinte er im Plenum.

Erstaunt zeigte er sich über die Kehrtwende von FDP und CVP, die vor einem Jahr noch der Umsetzung gemäss Durchsetzungsinitiative zugestimmt hatten.

So drohnte Brunner: «Ich kann Ihnen garantieren: Diese Volksabstimmung werden wir höher gewinnen als was wir bei der Ausschaffungsinitiative erreicht haben. Und dann haben Sie den Salat!»

CVP-Sprecherin Ruth Humbel (AG) erklärte die Kehrtwende ihrer Fraktion: Man könne auch gescheiter werden, sagte sie. Es sei nicht Sache der Initianten, den Volkswillen zu definieren, sagte CVP-Sprecherin Ruth Humbel (AG). Initianten und Gesetzgeber hätten unterschiedliche Rollen. Aufgabe des Gesetzgebers sei es, die verfassungsmässigen Grundsätze zu wahren. «Ich bin nicht bereit, so rasch so viele Grundsätze des Rechtsstaates über Bord zu werfen», sagte auch Beat Flach (GLP/AG).

Kurt Fluri (FDP/SO) bestritt, dass mit der Härtefallklausel der Ausschaffungs-Automatismus ausgehebelt wird. Den Meinungsumschwung der FDP begründete er mit terminlichen Gründen, nicht weil der Entscheid vor einem Jahr falsch gewesen wäre: Die Initiative müsse bis im November umgesetzt sein. Es sei vorhersehbar, dass sich am Schluss ohnehin der Ständerat durchsetzen werde. Die Mehrheit der FDP werde sich darum dessen Version anschliessen, sagte Fluri.

Initianten waren auch in Arbeitsgruppe

Justizministerin Simonetta Sommaruga erinnerte die Nationalräte daran, dass sie geschworen hätten, die Verfassung zu beachten. Sie erklärte auch, wie die Arbeit an der Umsetzung der Initiative verlaufen sei: Der Bundesrat habe nach der Annahme eine Arbeitsgruppe eingesetzt. «Darin vertreten waren auch die Initianten.» Diese hätten eine eigene Umsetzungsvariante ausgearbeitet, wie auch der Bundesrat.

Es seien beide Vorschläge in die Vernehmlassung geschickt worden: «Der Vorschlag der Initianten wurde massiv abgelehnt.» Er sei nur von der SVP unterstützt worden – die anderen Parteien sowie auch die Kantone hätten ihn verworfen.

Vorschlag des Bundesrates sowieso Verschärfung

Die Botschaft des Bundesrates sei eine Verschärfung der Ausschaffungspraxis gegenüber heute. «Der Vorschlag der Bundesrates ist auch eine Verschärfung gegenüber dem Gegenvorschlag, der in der Volksabstimmung von der Bevölkerung abgelehnt worden war», erinnerte Sommaruga.

Der Nationalrat stimmte dem vom Ständerat beschlossenen Deliktskatalog schliesslich mit 122 zu 59 Stimmen bei 6 Enthaltungen zu, der Härtefallklausel mit 121 zu 60 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

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