Glorios gescheitert sei bisher der Auftrag des Volkes, den Schwerverkehr auf die Schiene zu verlagern, ärgert sich die Präsidentin der grünen Partei Regula Rytz. Für sie kommt es überhaupt nicht in Frage, dass man nun vom Ziel von 650‘000 alpenquerenden Lastwagen im Jahr 2018 einfach abrückt mit dem Argument, die Lastwagen seien inzwischen sauberer geworden.
Eine solche Kehrtwende wäre nach ihren Worten «Verrat am Volkswillen». Das Verlagerungsziel stehe in der Verfassung. Man könne es jetzt nicht einfach beliebig abändern, nur weil es bisher nicht erreicht worden sei.
SP doppelt nach
Gar als ungehorsam bezeichnet die SP den Bundesrat. Einfach zu kapitulieren und gar keine Massnahmen mehr anzustreben, um das Verlagerungsziel doch noch zu erreichen, sei nicht gerade ambitiös, findet Philipp Hadorn.
Der Grünliberale Josias F. Gasser sekundiert ihm: «Es darf nicht an den Zielen herumgewerkelt werden.» Der Verlagerungsbericht müsse so etwas wie eine behördliche Durchsetzungsinitiative für den Alpentransitverkehr sein. Mit der Verlagerung der Lastwagen auf die Schiene sei dem Volk schliesslich das viele Geld für die NEAT verkauft worden. Damit müssten die ambitionierten Ziele erreicht werden können. Dafür sei kompromissloses Wollen nötig.
Positive Prognose von SVP und CVP
Anders beurteilt die SVP die Lage: Seine Partei habe immer schon gesagt, dass die 650‘000 Lastwagenfahrten über die Alpen nie erreicht werden könnten, erinnert Max Binder: Das Ziel sei zur Fata Morgana verkommen.
Die Umweltbelastung wird sinken und die Situation wird sich verbessern.
Die SVP ist denn auch bereit, für einmal ganz den Bundesrat zu unterstützen. Weg vom Lastwagenzählen - hin zu einer Verlagerungspolitik, die nur noch auf die Luftbelastung achtet. Und weil die Lastwagen immer sauberer würden, würden die Ziele auch erreicht, ist Max Binder überzeugt: «Die Umweltbelastung wird sinken und die Situation wird sich verbessern.»
Das findet auch die CVP. Sie stärkt ihrer Bundesrätin den Rücken. Man müsse die beiden Verkehrsträger Strasse und Schiene besser verbinden, sagt Fabio Regazzi und unterstreicht, dass auch die Strasse ihre Vorteile habe.
Jetzt wäre es am Ausland, Massnahmen zu ergreifen.
Dagegen ist die FDP-Fraktion offenbar tief gespalten. So hat sie sich nicht auch nicht entscheiden können, ob es für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs zusätzliche 180 Millionen Franken geben soll, wie dies der Bundesrat beantragt. Man mache es, wie es im Waadtland typisch sei, sagt der Waadtländer Olivier Francais schmunzelnd: Die FDP sei weder dafür noch dagegen, aber sie wolle, dass sich etwas ändere.
Leuthard weist Vorwürfe zurück
Und was macht die Verkehrsministerin mit dieser Auswahlsendung von Meinungen? Sie stellt entschieden in Abrede, dass der Bundesrat nichts gemacht habe. Innenpolitisch habe man alle Möglichkeiten ausgeschöpft. «Jetzt wäre es am Ausland, Massnahmen zu ergreifen», betont Leuthard und nennt als Beispiel eine Alpentransitbörse. Aber da stosse man auf taube Ohren: «Solange das nicht auf Mehrheiten stösst, können Sie hundertmal nach Brüssel oder Berlin pilgern, sie werden hier keine zusätzlichen Effekte erreichen.»
Immerhin: Die 180 zusätzlichen Millionen für den alpenquerenden Güterverkehr werden vom Nationalrat am Schluss der Debatte klar genehmigt – mit 134 zu 54 Stimmen.
brut;