Der «Inländervorrang light», dem der Nationalrat zugestimmt hat, darf als wirtschaftsfreundlich bezeichnet werden. Direkt betroffen sind Unternehmen nur von der Stellenmeldepflicht: Überschreitet die Zuwanderung einen bestimmten Schwellenwert, kann der Bundesrat Arbeitgeber verpflichten, offene Stellen dem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) zu melden.
Laut Kurt Fluri (FDP/SO), dem Architekten des «Inländervorrang light», sollen inländische Arbeitskräfte dadurch einen zeitlichen Vorsprung auf Konkurrenten aus dem Ausland erhalten. Nichtsdestotrotz: Der Arbeitgeber ist weiterhin frei, eine Arbeitskraft aus dem Ausland anzustellen. Er muss nicht einmal nachweisen, dass er ernsthaft im Inland gesucht hat.
SRF News: Wie reagieren Sie beim Dachverband der Schweizer Wirtschaft auf den Entscheid?
Jan Atteslander: Wir sind mit dem Entscheid im Nationalrat zufrieden. Es ist eine wirtschaftsfreundliche und auch europaverträgliche Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative.
Der «Inländervorrang light» bedeutet aber auch mehr Aufwand für die Unternehmen – und damit mehr Bürokratie?
Das ist so. Es war von Anfang an klar, dass sich diese Initiative nur mit mehr Bürokratie umsetzen lässt. Das war einer der Gründe, warum wir ursprünglich dagegen waren. Das ist aber nicht mehr relevant; das Volk hat diese Initiative angenommen, jetzt geht es darum, sie möglichst gut umzusetzen. Die gestern vom Nationalrat beschlossenen Massnahmen sind sehr gezielt, sie sollen dort ansetzen, wo es im Arbeitsmarkt Probleme gibt. Das tragen wir auch mit.
Trotzdem: Mit dem jetzigen Vorschlag wird der Volksentscheid praktisch nicht umgesetzt. Profitiert die Wirtschaft auf Kosten der Demokratie?
Das sehen wir nicht so. Es kommt zu Eingriffen in den Arbeitsmarkt, die auch schmerzen. Es ist ein Systemwechsel in Teilbereichen. Das Ziel muss sein, die Zuwanderung zu reduzieren. Das kann auch mit diesen Massnahmen gut erreicht werden.
Jetzt geht das Geschäft in den Ständerat. Dort ist eine Verschärfung absehbar. Macht Ihnen das Angst?
Nein. Wir würden auch weitere Massnahmen zur Verbesserung im Arbeitsmarkt unterstützen. Es kommt darauf an, fokussierte, gezielte Massnahmen zu ergreifen – etwa dort, wo die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch ist, namentlich in bestimmten Regionen und Berufsgruppen.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.