«Liebe Kollegen, Sie wissen sicher alle, heute feiert die Schweiz einen gewichtigen Geburtstag. Wissen Sie es nicht?», fragt Ständeratspräsident Filippo Lombardi bedeutungsschwanger in die Runde.
Dann zeigt er auf die Jahreszahl, die in die Kuppel des Ständeratssaals eingraviert ist. Die Ankündigung kommt überraschend – so überraschend, dass auch die Kamera zwei Anläufe braucht, um die richtige Jahreszahl zu finden.
«Das Herz wogt höher»
In einer launigen Rede zitiert Lombardi die NZZ von damals: «Am 12. September 1848, gleich nach ein Uhr, verkündete der Kanonendonner die frohe Botschaft, dass der neue Bund angenommen worden ist. Das Herz wogt höher, die Schweizer Nation ist endlich zum Wort gekommen, sie hat ihr gebührendes Stimmrecht erhalten. Die Nation, bisher nur in den Herzen der Besseren lebend, steht nun da in unbestreitbarer Wirklichkeit, mit ausgedehnten Vollmachten ausgerüstet.»
Die selbe Passage zitiert auch Nationalratspräsidentin Maya Graf in der grossen Kammer. Sie präsentiert den Mitgliedern der grossen Kammer zudem etwas Besonderes zu diesem Tag: Vor dem Präsidentenpult liegt in einer Vitrine ein Faksimile der ersten Verfassung des Bundesstaats.
Graf verwies auf die Bedeutung des Datums gerade für die Anwesenden: «Ohne 1848 würde es das Parlament und somit auch uns als Volksvertreterinnen und Volksvertreter in dieser Form heute wohl nicht geben.»
«Geläufig ist das Datum nicht»
Eben diesen Volksvertreterinnen und Volksvertretern scheint das Datum auch nicht in jedem Fall präsent: «Gerade geläufig ist mir das Datum nicht», sagt die Aargauer CVP-Vertreterin Ruth Humbel. Aber nach dem Hinweis der Nationalratspräsidentin habe sie sich wieder daran erinnert.
Ähnlich sieht es bei Matthias Aebischer (SP/BE) aus: «12. September sagt mir überhaupt nichts, sondern 1848 ist die Zahl, die ich im Kopf habe im Zusammenhang mit unserer Bundesverfassung. Und die ist auch wichtiger für mich als 1291.» Für Christian Wasserfallen (FDP/BE) ist das Datum nicht ganz unbekannt: Bei der letzten Verfassungsrevision sei das Datum einmal aufgetaucht.
Hans Fehr (SVP/ZH) hat in der Zeitung vom Datum gelesen. Für ihn habe dieser Tag eine besondere Bedeutung: «Es ist die Geburtsstunde der modernen Schweiz.» Die Verfassung von damals sei der Grundstein für das Erfolgsmodell Schweiz. Im Gegensatz zu den anderen Befragten hat Fehr auch das Original-Dokument schon gesehen, bekundet er. Gelesen habe er es aber nicht in seiner vollen Länge.
Die erste Verfassung der Schweiz in voller Länge im Original nachzulesen, ist so ohnehin nicht möglich. Das Dokument wird im Schweizer Bundesarchiv sicher verwahrt. Die Vitrine mit dem Faksimile der ersten Seite soll aber einen dauerhaften Platz im Bundeshaus erhalten. Wo genau, ist aber noch nicht festgelegt.
(SRF 3, 13.00 Uhr)