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Session Ein Jurassier als «Herr der Stände»

Mit der Wahl von Claude Hêche zum Ständeratspräsidenten steht erstmals ein Parlamentarier aus dem Kanton Jura an der Spitze einer eidgenössischen Kammer. Er gilt als diskrete und dem Dialog verpflichtete Persönlichkeit. Der Sozialdemokrat setzt sich insbesondere für den öffentlichen Verkehr ein.

Claude Hêche ist der erste Ständeratspräsident in der Geschichte des Kantons Jura. «Wichtig ist, ein Dossier auf einen guten Weg zu bringen und nicht stur auf Prinzipien zu beharren», sagt Claude Hêche. Während seines Präsidialjahres im Ständerat will der Jurassier nach dem Volks-Ja zur Masseneinwanderungsinitative einen Akzent auf Kontakte mit Vertretern der Nachbarstaaten legen.

Raum geben will Hêche auch der Stellung der Sprachminderheiten, namentlich der französischsprachigen, und der Stellung der Westschweiz in Bundesangelegenheiten. Anliegen sind ihm zudem die Jugend und die Mehrsprachigkeit, und mehr ins Licht rücken möchte der neue Ständeratspräsident auch seinen eigenen Kanton.

Klassische Polit-Karriere

Nahe bei den Leuten zu bleiben und deren Sorgen zu kennen – das sieht Hêche als seine persönliche Herausforderung. «Es mag keine besonders eindrückliche Herausforderung sein, aber wenn man sich dauernd in der Welt der Politik bewegt, läuft man Gefahr, die Realität seiner Mitbürger nicht mehr wirklich zu kennen», sagt er.

1952 in Pruntrut in der Ajoie geboren, blickt der Jurassier auf eine lange und durchaus auch traditionelle politische Karriere zurück. Claude Hêche war zunächst Gemeinderat, dann Präsident der Gemeinde Courroux, in der er heute noch lebt. 1983 wurde er ins jurassische Parlament gewählt. 1988 war er dessen Präsident.

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Der nächste Schritt in der politischen Karriere von Claude Hêche folgte 1995 mit der Wahl in die Kantonsregierung. Bis 2006 leitete der gelernte Bauzeichner das Departement für Gesundheit, Soziales und Polizei. Bei jeder Wahl holte der Sozialdemokrat, der seinen Idealen stets treu blieb, Stimmen auch ausserhalb seines Lagers.

Bessere Anbindung des Juras

Dossierfest und als ein Mann des Dialogs trat Hêche mit der Wahl in den Ständerat im Jahr 2007 auf die Bühne der eidgenössischen Politik. Seine Wiederwahl schaffte er 2011 problemlos. Heute führt am kompromissorientierten Politiker kaum ein Weg vorbei, wenn es um den öffentlichen Verkehr und namentlich die Bahn geht.

Der pragmatische Ansatz ist für Hêche wichtig: Es gehe ihm a priori um die Suche nach dem Konsens, und diese brauche Zeit, sehr viel mehr Zeit, als die Anhänger einfacher Lösungen glaubten, sagt Hêche: «Die nachhaltigen Lösungen werden nicht per Dekret proklamiert, sondern in geduldiger Konzertation entwickelt.»

Im Laufe der Jahre unter der Bundeshauskuppel wurde Hêche zu öV-Themen zu einem nicht zu umgehenden Verhandlungspartner. Als Präsident der Vereinigung Ouestrail setzt er sich dafür ein, dass nicht nur Randregionen wie der Jura, sondern die ganze Westschweiz vom öffentlichen Verkehr gut erschlossen werden.

Kein Interesse am Rampenlicht

Er pilotierte mit Erfolg die Fabi-Vorlage für die Bahn-Infrastruktur durch den Ständerat. Dort gehört er der Geschäftsprüfungskommission sowie der Sicherheitspolitischen und der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen angehört. Inzwischen engagiert er sich gegen den drohenden Abbau des Angebots auf der Bahnlinie Basel-Lausanne/Genf via Delsberg.

In öffentlichen politischen Debatten ist Hêche ein seltener Gast, in den People-Spalten der Medien taucht er nicht auf. Doch Hêche scheint nicht darunter zu leiden. Um in der Deutschschweiz bekannt zu werden, müsse man die Sprache sehr gut beherrschen und in der «Arena» am Fernsehen erscheinen, meint er.

Er geniesse ausserhalb seiner Region und der Westschweiz nicht unbedingt eine grosse Medienbeachtung, sagt er zudem. Das zu ändern ist offenbar nicht seine Absicht: «Ich bin Pragmatiker, nicht Rhetoriker» und «Ich werde mich nicht verändern, um bekannt zu werden», hält er fest.

Am liebsten mit dem Velo

Nicht zuletzt zeichnet Claude Hêche seine soziale Ader aus: Er unterstützt Projekte, die sich um die Integration von Menschen mit beruflichen Problemen kümmern. «Das soziale Engagement liegt nach wie vor meiner politischen Arbeit zugrunde», sagte er: Solidarität und der Kampf gegen die Armut brachten ihn zur Politik.

Den Weg von seinem Domizil in Courroux zum Bahnhof von Delsberg legt der SP-Politiker, Vater von zwei Kindern, am liebsten mit dem Velo zurück – wenn das Wetter es zulässt: Er bevorzuge diese sanfte Art der Mobilität, ohne das Auto zu verteufeln, sagt er.

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