Zum Inhalt springen
Symbolbild: Menschen – offensichtlich im ländlichen Afrika – stehen um einen Wasserhahn herum.
Legende: Der Ständerat will die Entwicklungszusammenarbeit mit Rückübernahme-Abkommen verknüpfen. Reuters

Session Entwicklungshilfe an Migrationskooperation binden

Der Ständerat verlangt, dass der Bundesrat die Entwicklungszusammenarbeit an migrationspolitische Ziele knüpft. Nur kooperative Staaten sollen Entwicklungshilfe erhalten. Doch die Praxis zeigt, dass das nicht so einfach ist.

Schrille Forderungen zum Reizthema Entwicklungshilfe und Migration passen nicht zum Naturell der Ständeräte. Und so haben sie dem Bundesrat den nüchternen Auftrag erteilt, er solle Migrations- und Entwicklungspolitik «strategisch verknüpfen».

Aussenminister Didier Burkhalter interpretiert den Auftrag im Sinne, dass mit Ländern wie Sri Lanka oder dem Senegal Partnerschaftsabkommen abgeschlossen werden sollen, die eine politische Verknüpfung enthalten – und so die «Migrationsinteressen der Schweiz» berücksichtigten.

Bisher nur kleine Erfolge

Mehr zum Thema

Das heisst zum Beispiel: Es wird ein Rückübernahme-Abkommen mit dem Senegal und Sri Lanka ausgehandelt und im Gegenzug intensiviert die Schweiz die Entwicklungshilfe. Die Idee ist nicht neu: Mit Tunesien, Nigeria und drei Balkan-Staaten bestehen bereits solche Migrationspartnerschaften, wofür sich der Bundesrat gerne rühmt.

Weniger ruhmreich hingegen ist seine Bilanz in den Fällen Marokko, Äthiopien, Algerien, Iran und Mongolei: Der Bundesrat hat diese Staaten auf eine schwarze Liste von Ländern gesetzt, die abgewiesene Landsleute nicht zurücknehmen. Seit vier Jahren versucht der Bundesrat, bei allen Kontakten mit diesen Staaten die Rückkehrfrage aufs Tapet zu bringen – mit wenig Erfolg.

Verhandlungen auf Augenhöhe nötig

«Wir denken, dass man das noch verbessern kann», sagt Eduard Gnesa, Schweizer Sonderbotschafter für internationale Migrationszusammenarbeit. Die Unterstützung der Schweiz könne etwa den Landwirtschafts- oder Energiebereich betreffen – im Gegenzug für ein Rückübernahme-Abkommen.

Er verhandle regelmässig mit Entwicklungsländern, so Gnesa. Daher wisse er, dass Erfolge Zeit bräuchten. Mit Druck sei kaum etwas zu erreichen. Da brauche es bei den Gesprächen mit Regierungsvertretern viel Fingerspitzengefühl. Denn: «Wir sitzen schlussendlich am kürzeren Hebel.»

Der Schweizer Sonderbotschafter beurteilt deshalb auch die Pläne der EU skeptisch: Brüssel will Herkunfts- und Transitstaaten verpflichten, Migranten zurückzunehmen. Im Gegenzug würde es Entwicklungsgelder geben. Doch ein Vertrag, der nicht auf Augenhöhe ausgehandelt worden sei, sei sein Papier nicht wert, betont Gnesa. Es brauche Vertrauensbeziehungen.

Widerstand in der Schweiz schwindet

Widerständen begegnet er auch in der Schweiz, etwa in Form ideologischer Barrieren. So hätten Entwicklungshelfer der alten Schule lange gar nichts von einer Verknüpfung zwischen Entwicklungshilfe und Migrationspolitik wissen wollen. Doch die Sichtweisen würden sich ändern, sagt Gnesa; auch weil die Politik Druck macht.

So hat FDP-Politikerin Karin Keller-Sutter im Ständerat die Fäden gezogen und die «strategische Verknüpfung» von Entwicklungs- und Migrationspolitik eingebracht. Nun erwarte sie Resultate: «Wenn dieser Artikel keine Änderung entfaltet, wird man vielleicht versuchen, nochmals einen Zacken zuzulegen», betont sie. Möglicherweise könnten dann die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit in Frage gestellt werden.

Diesen Schritt waren SVP und FDP im Nationalrat bereits im Juni gegangen. Sie verlangten damals ultimativ, dass Entwicklungshilfe nur noch dann geleistet werden solle, wenn ein Staat seine eigenen Bürger zurücknehme. Doch die Forderung scheiterte in der Grossen Kammer – wenn auch nur knapp.

Meistgelesene Artikel