Zum Abschluss der Legislatur hat der Nationalrat seinen wohl ersten Flashmob erlebt. Mitten in der Abschiedsrede von Ratspräsident Stéphane Rossini (SP/VS), bei der auch einzelne Ständeräte im Saal waren, überraschten vermeintliche Touristenführer, Ratsweibel, Fotografen und Journalisten den Rat mit einer musikalischen Darbietung.
Die herausragende musikalische Qualität liess aber rasch vermuten, dass da kein Ad-hoc-Chor am Werk war. Tatsächlich handelte es sich um verkleidete Mitglieder des Vokalensembles Ardent Bern unter der Leitung von Patrick Secchiari, der die im Ratssaal verteilten Sängerinnen und Sänger dirigierte.
Orchestriert worden war die Aktion von Ratspräsident Rossini, der aber überzeugend den Überraschten mimte. Zu hören bekam der Nationalrat ein Medley der Lieder «S'isch mer alles eis Ding» von Adolf Buri, «Chante mon coeur» von Pierre Kaelin und «Spazzacamin» des Oreste Zanetti. Er dankte es mit Staunen und lang anhaltendem Applaus.
Würdigung für Abtretende und Gedenken an Verstorbene
Ohnehin wurde am Freitagmorgen in der grossen Kammer viel geklatscht, galt es doch, nicht weniger als 26 Ratsmitglieder zu verabschieden, die nicht zur Wiederwahl antreten. Ratspräsident Rossini würdigte die Arbeit jedes einzelnen von ihnen. Der Sozialdemokrat selber wurde von seiner Vizepräsidentin Christa Markwalder (FDP/BE) als «perfekter Präsident» verabschiedet.
Im Ständerat musste Präsident Claude Hêche (SP/JU) elf Ratsmitglieder verabschieden. Auch er strich die Qualitäten jedes einzelnen der abtretenden Parlamentarier heraus. Ausserdem gedachte er der während der Legislatur verstorbenen Ständeräte Pankraz Freitag (FDP/GL) und This Jenny (SVP/GL).
Prominente Abgänge und ihre Würdigung durch die Ratspräsidenten
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Bild 1 von 12. Toni Bortoluzzi, Nationalrat (SVP/ZH). «Er hatte einen Riecher für die Konfrontation, und vertrat immer eine klare Haltung. Er war geerdet in seinem jovialen Charakter und blieb mit beiden Füssen auf dem Boden. Er hat grosse Reformen erlebt und mitgestaltet. Als Schreiner ist er immer in der Berufswelt verankert geblieben, ein beispielhafter Milizparlamentarier.» . Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Christophe Darbellay, Nationalrat (CVP/VS). «Als erbitterter Verfechter der Weinkultur hat der CVP-Präsident im Parlament durchgesetzt, dass in den Schweizer Botschaften nur Schweizer Wein serviert wird. Wir hatten Gelegenheit, das vorgängig zu verifizieren – und wertzuschätzen. Befreit von den Zwängen der Herbstsession wird er sich seiner Leidenschaft für die Jagd widmen können.» . Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. Jaqueline Fehr, Nationalrätin (SP/ZH). «Sie hat das Parlament durch ihre Fähigkeit geprägt, ihre Kollegen zur Teamarbeit zu animieren und pragmatische Lösungen zu finden. Insbesondere in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit hat sie dieses Talent ausgespielt – sie wird ihre Beharrlichkeit und ihr Antizipations-Vermögen weiter in der Zürcher Regierung einbringen.» . Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 12. Oskar Freysinger, Nationalrat (SVP/VS). «Der Mann mit dem nicht zwingend erwünschten, aber politisch nötigen Doppelmandat, wie er zu sagen pflegt. Künftig wird er sich voll und ganz der Regierungsarbeit im Wallis widmen. Er war an vielen Orten anzutreffen, auch wo man ihn nicht erwartet: Er unterstützte Seerobben und Haie, und letzte Woche sogar eine Volksinitiative der Jungsozialisten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 12. Andreas Gross, Nationalrat (SP/ZH). «Der Politiker, der Politologe blieb, verlässt das Parlament nach 24 Jahren. Der Gründer der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSOA) brachte sich in den 90er-Jahren in Debatten zur Armee-Reform ein. Engagiert setzt er sich für unser Land und die Demokratie im Europarat ein, wo er seit 1995 einsitzt und auch die Schweizer Delegation präsidierte.». Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 12. Gabi Huber, Nationalrätin (FDP/UR). «Als erste Frau aus dem Kanton Uri wurde sie 2003 in den Nationalrat gewählt. Wiederholt wurde sie zur einflussreichsten Person im Parlament gewählt. Die Justizkommission, die sie präsidierte, profitierte enorm von ihrer Fachkompetenz. Genauso wie der gesamte Rat von ihrer Strenge und ihrem Fingerspitzengefühl profitierte, die Debatte zu ordnen.». Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 12. Ueli Leuenberger, Nationalrat (Grüne/GE). «Er ist kein typischer Romand. Als Genfer, der deutsch spricht, hat er sich immer dafür eingesetzt, dass Grenzen nicht zu unüberwindbaren Hindernissen werden. Mit tiefer Überzeugung hat er sich für Migranten und andere eingesetzt, die vergessen wurden. Er hat in unserem Rat diejenigen verteidigt, die sich nicht selbst verteidigen können.» . Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 12. Ruedi Lustenberger, Nationalrat (CVP/LU). «Der letztjährige Nationalratspräsident verlässt uns ebenfalls. Vom Entlebuch hat er sein gemütliches und ausgeglichenes Wesen nach Bundesbern gebracht – aber auch konservative Luzerner Werte und einen starken Respekt für die Institutionen unseres Landes. Für mich als Ratspräsident war er ein wahrer Lehrmeister, den ich enorm geschätzt habe.». Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 12. Christine Egerszegi-Obrist, Ständerätin (FDP/AG). «Geschätzte Ratsmitglieder, die Gleichheit der Geschlechter verbietet keine Komplimente. 20 Jahre hat sie mit Bravour in beiden Kammern gedient. Am Nationalfeiertag des Jahres 2007 hat sie sich, eingekleidet in eine Aargauer Tracht, mutig den Extremisten auf dem Rütli entgegen gestellt. Liebe Christine, deine Willensstärke wird uns fehlen.». Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 12. Felix Gutzwiller, Ständerat (FDP/ZH). «Mit ihm verlässt ein weiterer führender Kopf die Bundespolitik. Immer elegant und politisch geschickt engagierte sich der Mediziner in der Forschung, dem Finanzwesen, der Kultur und Aussenpolitik. Lieber Felix, als Vertreter des grossen Zürich hattest Du immer ein offenes Ohr für die Anliegen der kleinen Regionen – auch dafür danke ich Dir!». Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 12. René Imoberdorf, Ständerat (CVP/VS). «Er hat uns gezeigt, wie man Haltung im Sieg wie in der Niederlage wahrt. Klugerweise hat er aber nicht das Präsidium der Umweltkommission übernommen. Sobald es nämlich um den Wolf und die Schafe ging, war es mit seiner Gemütlichkeit vorbei. Er war ein unermüdlicher Vertreter der Bergkantone und der Regionalpolitik.» . Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 12. Urs Schwaller, Ständerat (CVP/FR). «Mit seiner perfekten Zweisprachigkeit war Urs Schwaller ein begehrter Ansprechpartner der Medien, für die er trotz voller Agenda immer verfügbar war. Diese Ausdauer ist wohl auf sein intensives Lauftraining zurückzuführen. Ob je wieder ein Sensler mit so viel Herzblut Brücken über den Röstigraben bauen wird, bleibt offen. Danke, lieber Urs!». Bildquelle: Keystone.