Als Erstrat diskutiert der Nationalrat heute über die Änderung des Unterhaltsrechts. Der Bundesrat möchte den Kindesunterhalt so regeln, dass dem Kind aufgrund des Zivilstands der Eltern – ob verheiratet oder nicht – keine Nachteile entstehen.
Oliver Hunziker, Präsident des Vereins «Verantwortungsvoll erziehende Väter und Mütter», geht die vorgeschlagene Reform nicht weit genug. «Es scheint, dass sie unter Zeitdruck entworfen worden ist», sagt er im Sessionstalk von SRF. So fehle etwa ein Recht auf Betreuung. Er fordert, «dass beide Elternteile ihre Aufgabe in Form von Betreuung erfüllen können, nicht zwangsläufig in Form von Finanzen».
Der alte Streit um das Gesellschaftsmodell
Zudem würden in der Botschaft Anreize zur Förderung anderer Formen des Zusammenlebens fehlen, kritisiert Hunziker. «Väter, die gerne Teilzeit arbeiten möchten, um ihren Betreuungsanteil zu leisten, sollten dies auch dürfen und können.» Andererseits gehe es auch darum, dass Frauen nicht an den Herd gezwungen würden und jahrelang finanziell von einem Ex-Partner anhängig blieben.
Alec von Graffenried, Nationalrat der Grünen und Präsident der nationalrätlichen Kommission für Rechtsfragen, widerspricht. Es stimme nicht, dass mit der Revision Rollenmodelle zementiert würden. «Das ist ein alter Streit und eine grundsätzliche Frage: Gibt das Zivilrecht ein Gesellschaftsmodell vor oder bleibt es neutral?»
Seine Kommission vertrete eine neutrale Position, so von Graffenried. «Unter anderem auch, weil wir uns nicht auf ein Modell einigen können.» Die konservative Seite sehe die Frau am Herd und den Vater als Ernährer. Der progressiven Seite schwebe ein gleichberechtigtes Rollenmodell mit Rollenteilung vor. Es brauche ein flexibles und offenes Unterhaltsrecht, «um auf neue Modelle einzugehen».
Zu wenig Teilzeitmodelle für Mütter
Andere Themen seien hingegen die Gerichtspraxis und die strukturellen Rahmenbedingungen, fügt von Graffenried an. Diese hinkten der gesellschaftlichen Entwicklung hinterher. Oft betreue die Mutter das Kind, viele seien auch erwerbstätig – aber nur mit kleinen Pensen. «Warum?», fragt der Kommissionspräsident. «Weil es nicht anders möglich ist, weil die Tagesschulstrukturen nicht entsprechend sind.» Es sei noch viel zu tun, damit die freie Wahl der Rollen überhaupt erst möglich werde.