Wer ein schweres Gewalt- oder Sexualdelikt begangen hat, soll künftig kein Recht auf Vergessen mehr haben. Der Ständerat hat sich in zweiter Beratung den Änderungsbeschlüssen des Nationalrats zum Strafregistergesetz (Vostra) angeschlossen. Zu klären sind nur noch Formalitäten. Damit ist der Weg dafür frei, dass Strafregistereinträge bei schweren Gewalt- und Sexualdelikten lebenslänglich bestehen bleibt.
Der Nationalrat hatte in der Frühjahrssession einen Antrag seiner Rechtskommission angenommen, der dies fordert. Zugriff auf den Eintrag haben nur Behörden. Die vorberatende Kommission des Ständerats wollte aber bei der Version des Bundesrats bleiben. Demnach sollten nur lebenslängliche Freiheitsstrafen im Register eingetragen bleiben.
Grenzen des Rechts auf Vergessen
Diese Regelung mache aber nur wenig Sinn, sagte Daniel Jositsch (SP/ZH). Nicht jeder Mörder werde zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt. Insgesamt würden nur sehr wenige solcher Strafen ausgesprochen. Deshalb sei eine Änderung bei schwersten Gewalt- und Tötungsdelikten angezeigt.
Die öffentliche Sicherheit und die Interessen der Strafverfolgung seien stärker zu gewichten als das Recht auf Vergessen, sagte auch der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder. Mit 29 zu 14 Stimmen schloss sich die kleine Kammer diesem Votum deutlich an.
Der Bundesrat sowie eine linke Minderheit stellten sich vergeblich gegen den Antrag. Sexualdelikte würden herausgepickt, aber andere Deliktgruppen würden ausgelassen, kritisierte Stefan Engler (CVP/GR) im Namen der Kommission.
Dem Katalog mute Willkürliches an, befand auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Ungleich schwere Taten würden ohne Vorliegen von Gründen gleich behandelt. Das Argument, dass der Bundesrat die Entfernungsfristen im neuen Gesetz bereits massiv verlängert habe, vermochte die Verschärfungsbefürworter nicht zu überzeugen.
Kein Eintrag von Einstellungsverfügungen
Auch mit dem im Nationalrat knapp erfolgreichen Minderheitsantrag von Yves Nidegger (SVP/GE) ist der Ständerat einverstanden. Dieser verlangt, dass rechtskräftige Einstellungsverfügungen von Strafverfahren nicht im Strafregister eingetragen werden.
Mit 40 zu einer Stimme folgte die kleine Kammer dieser Änderung. Laut Kommissionssprecher Engler muss die Unschuldsvermutung in diesem Punkt stärker gewichtet werden als die Interessen der Strafverfolgungsbehörden. Der Bundesrat wollte in ganz seltenen Ausnahmefällen, etwa bei Wiederholungstätern, an einer Registrierung von Einstellungsverfügungen festhalten.
Strafregister für Unternehmen kein Thema
Abgesehen von redaktionellen Anpassungen hat das Parlament das Strafregistergesetz damit bereinigt. Voraussichtlich am 14. Juni, nachdem der Nationalrat die Formalitäten abgesegnet hat, ist das Geschäft reif für die Schlussabstimmung.
Mit dem neuen Gesetz wird der Zugang zum Strafregister neu geregelt. Nein sagte das Parlament im Gegensatz zum Bundesrat zur Einführung eines Strafregisters für Unternehmen. Justizministerin Sommaruga hatte in der ersten Beratungsrunde in den Räten vergeblich für ein Unternehmensstrafregister plädiert. Das Argument, wonach das Antikorruptionsgremium des Europarats GRECO der Schweiz die Einführung eines solchen Registers nahegelegt habe, überzeugte nicht.
Die Vorlage sei in diesem Bereich nicht ausgereift, argumentierten bürgerliche Parlamentarier. Die Neuerung eigne sich nicht dazu, mehr Transparenz zu schaffen. Unternehmen wechselten ständig Form und Namen. Ein solches Register könne kaum aktuell gehalten werden.
Behörden sollen nur Informationen bekommen, die sie brauchen
So weit die Vorlage natürliche Personen betrifft, folgte das Parlament weitgehend dem Bundesrat. Die Regierung will mit dem Gesetz den veränderten Sicherheitsbedürfnissen der Gesellschaft und dem technologischen Fortschritt Rechnung tragen.
Bei dieser Revision gehe es um die Verbesserung der Sicherheit, der Datenqualität und des Datenschutzes, fasste Sommaruga zusammen. Auf Grundlage des neuen Gesetzes sollen künftig mehr Behörden ins Strafregister Einblick erhalten als heute – neu etwa Kantonspolizeistellen, die kantonalen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden oder die kantonalen Migrationsbehörden.
Anders als heute soll es aber nicht nur einen Auszug geben. Jede Behörde soll nur jene Informationen erhalten, die sie tatsächlich braucht. Gleichzeitig wird auch der Datenschutz verbessert, indem Privatpersonen Auskunft über sie betreffende Abfragen von Behörden verlangen können. Zudem werden die behördlichen Kontrollen der Datenbearbeitung verstärkt.