Embryonen, die im Labor gezeugt werden, sollen auf Krankheiten überprüft werden dürfen, aber nur, sofern die Eltern genetisch vorbelastet sind. Der Ständerat will das geltende Verbot der Präimplantationsdiagnostik aufheben. Unfruchtbare Paare, die erblich nicht vorbelastet sind, dürfen ihre Embryonen weiterhin nicht testen lassen.
Der Ständerat ist auch dafür, dass künftig mehr Embryonen im Reagenzglas entwickelt werden dürfen, als tatsächlich in die Gebärmutter eingepflanzt werden.
Abgelehnt hat der Ständerat hingegen die Zeugung von sogenannten «Retterbabys». Dabei werden Embryonen so ausgewählt, dass sie einem kranken Geschwister später beispielsweise Blutstammzellen spenden können.
Lange Debatte im Rat
Die Fragen, die der Ständerat zu klären hatte, lösten im Rat eine Grundsatzdebatte aus. Soll es Paaren, die Träger von Erbkrankheiten sind, erlaubt sein, die Embryonen vor der Einpflanzung untersuchen zu lassen? Über zwei Stunden diskutierten die Parlamentarier, ob sie überhaupt auf den Antrag eintreten wollen.
Ständerätin Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG) legte ihre grundsätzlichen Bedenken dar: «Mit der Präimplantationsdiagnostik wird von einer emotional unbeteiligten Drittpersonen im Labor entschieden, welcher Embryo leben darf und welcher nicht.» Die Auswirkungen auf Gesellschaft seien unabsehbar, so Häberli-Koller.
Anita Fetz (SP/BS) hielt dagegen: «Wer bin ich, dass ich betroffenen Paaren vorschreiben könnte, ob sie ein Kind haben dürfen oder nicht?» Es ergibt laut Fetz keinen Sinn, wenn Paare Embryonen nicht testen lassen dürfen, diese aber einpflanzen, dann untersuchen und hinterher abtreiben dürfen.
Und Felix Gutzwiller (FDP/ZH) machte im Rat klar: «Es wurden in den letzten zehn Jahren grosse Fortschritte in der Fortpflanzungsmedizin gemacht. Die Einstellungen dazu haben sich deutlich geändert.» Die Schweiz habe eines der zurückhaltendsten Gesetze in Europa.
Voruntersuchung bei bestimmten Paaren
Der Ständerat entschied schliesslich, dass Embryonen künftig auf schwere Erbkrankheiten untersucht werden dürfen. Profitieren davon können aber nur Paare, deren Kind eine schwere Erbkrankheit haben könnte. Es betrifft dies erbliche Vorbelastungen wie etwa zystischer Fibrose oder Muskelschwund. Dieses Kriterium dürften pro Jahr circa 50 bis 100 Paare erfüllen. Der Bundesrat will mit der Gesetzesänderung verhindern, dass solche Paare ins Ausland ausweichen müssen.
Für alle anderen Eltern bleibt alles beim Alten. Auch nicht erlaubt ist insbesondere, die Embryonen auf Trisomie 21 zu testen. Das darf erst in der Pränataldiagnosik im Mutterleib geschehen.
Ständerat gegen «Retterbabys»
Nicht erlauben will der Ständerat, dass Paare ein sogenanntes «Retterbaby» zur Spende von Blutstammzellen für kranke Geschwister auswählen dürfen. «Hier meine ich, dass wir den Rubikon überschreiten würden», sagte Peter Bieri (CVP/ZG). Es gehe dabei um die Auswahl bestimmter Eigenschaften: «Wir würden unter gesunden Embryos jenes auswählen, das zum Geschwister passt. Alle anderen würden wir verwerfen, sprich vernichten.»
Mehr Embryonen dürfen entwickelt werden
Zulassen will der Bundesrat, dass Eltern, die auf die künstliche Befruchtung zurückgreifen, pro Behandlungszyklus neu acht Embryonen in vitro entwickeln lassen dürfen. Dies, aber nur, wenn das Erbgut der Embryonen untersucht werden darf. Derzeit ist die Zahl auf drei beschränkt.
Die Gesetzesänderung soll ermöglichen, dass erblich vorbelastete Paare im Rahmen der Fortpflanzungsmedizin die gleichen Chancen auf einen übertragbaren Embryo erhalten wie unbelastete Paare.
In dieser Frage stimmte der Ständerat dem Bundesrat zu. Über diesen Punkt darf auch das Volk abstimmen, weil dafür die Verfassung geändert werden muss.
Embryonen aufbewahren
Die heute geltende Regelung birgt einen Nachteil: Da es verboten ist, Embryonen aufzubewahren, müssten alle lebensfähigen Embryonen – im Maximalfall sind das drei – in die Gebärmutter übertragen werden, so dass es häufig zu Mehrlingsschwangerschaften kommt.
Diese Mehrlingsschwangerschaften sind mit Risiken für Mutter und Kinder verbunden. Um dieses Risiko zu verringern, sollen Embryonen laut Ständerat künftig aufbewahrt und allenfalls später in die Gebärmutter übertragen werden dürfen. Dies gilt für sämtliche In-vitro-Verfahren.