Als alt Bundesrat Moritz Leuenberger 2011 ein Verwaltungsratsmandat beim Baukonzern Implenia annahm, löste das eine Diskussion aus. Von Vetternwirtschaft war die Rede. Insbesondere aus dem Nationalrat kamen Vorstösse, um neue Arbeitsverhältnisse von ehemaligen Bundesräten nicht oder nur unter Einschränkungen zu erlauben.
Der Ständerat trat im Frühjahr jedoch nicht auf die Vorlage ein. Anstand lasse sich nicht gesetztlich verordnen, war der Tenor. Nicht so der Nationalrat. Er hatte bereits in der Herbstsession eine Einschränkung gefordert. Damals sprachen sich SVP, SP und die Grünen dafür aus.
«Anstand ist zu wenig»
Die grosse Kammer folgte auch heute der Kommissionsmehrheit und trat erneut auf die beiden Parlamentarischen Inititativen ein. Diese verlangen die Einführung einer Übergangszeit – einer sogenannten Karenzfrist. Zwei Jahre sollen ehemalige Bundesräte vor ihrer Rückkehr in die Privatwirtschaft warten müssen.
Mit einem Seitenhieb gegen den Ständerat warb SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer erneut für ihre Initative. «Die Politk setzt nur auf Anstand und Moral. Das ist, wie sich gezeigt hat, zu wenig.» Nun gehe es darum, saubere Regeln zu schaffen. Zusätzlich habe diese Einschränkung keinerlei wirtschaftliche Konsequenzen: «Alt Bundesräte haben ein gutes Ruhegehalt.»
Bundesrat mit Verhaltenskodex
Zwar liessen sich Ethik, Moral, Anstand und Verantwortung nicht in jedem Fall regeln, relativierte der zweite Initiant, SVP-Nationalrat Max Binder. Aber er glaube an eine präventive Wirkung. Schliesslich habe auch der Bundesrat einen gewissen Handlungsbedarf festgestellt.
Damit verwies Binder auf einen Verhaltenskodex, den sich der Bundesrat kurz nach Leuenbergers Implenia-Mandat verschrieben hatte. Vergeblich verwies Bundeskanzlerin Corinna Casanova erneut auf dieses Papier. Zusätzlich argumentierte sie, es müsse nach dem Ausscheiden aus dem Exekutivamt die Möglichkeit bestehen, wieder voll in den Beruf einzusteigen.
Scheitert die «Lex Leuenberger»?
CVP, FDP, GLP und BDP wollen den Bundesratsmitgliedern keine Auflagen machen für die Zeit nach dem Rücktritt. Von Einzelfallgesetzgebung sprach entsprechend auch der Tessiner Marco Romano. Der CVP-Nationalrat bezeichnete die Vorstösse als «juristischen Unsinn». Die vorgeschlagene Gesetzesvorlage sei lückenhaft. «Wir wissen nicht, wer kontrolliert und welche Sanktionen im Falle eines Verstosses in Frage kommen.»
Die gleiche Position vertritt auch der Ständerat. Er muss nun erneut über das Mandatsverbot befinden. Die «Lex Leuenberger» dürfte in der kleinen Kammer aber einen schweren Stand haben.