Am Dienstag vergangener Woche trat der Ständerat auf die Vorlage zur Weiterentwicklung der Armee (WEA) ein. Und dies mit beachtlicher Einmütigkeit zwischen den politischen Lagern. Zwar verläuft die Debatte im Ständerat durchaus lebendig, denn bei gewichtigen Details wie etwa der Dienstdauer herrscht nicht nur Konsens.
Weit weniger harmonisch gestaltet sich indes der Interessenausgleich zwischen Politik und (ehemaligen) Militärgrössen, wie das Streitgespräch bei Radio SRF zeigt.
«Die Armee wird nicht weiterentwickelt, sie wird halbiert»
Ein Muster davon gab Hermann Suter ab. Er ist Präsident der Milizorganisation «Gruppe Giardino» , einer Vereinigung aktiver und ehemaliger Armeeangehöriger: «Die Armee hat einen klaren Verfassungsauftrag: Sie soll Krieg verhindern. Wenn man ihr schon die Federn ausreisst, soll man sich wenigstens darauf konzentrieren.»
Die Kritik des Oberleutnants a.D. an der WEA – für Suter nichts anderes als eine «Halbierung» – fällt heftig aus:
- Rein finanzgesteuert: «Der Bestand und die Diensttage der Armee wurden auf absolut fiktiven Zahlen ohne jede militärische Basis geplant. Die Reform will die Bereitschaft der Armee erhöhen, ist aber infrastrukturell überhaupt nicht abgefedert. Kasernen und Flugplätze werden massenweise geschlossen, seit zwanzig Jahren wurden keine neuen Waffensysteme gekauft – das ist ein ganzer Rattenschwanz.»
- Fehleinschätzung der geostrategischen Lage: «Die Reform wurde auf Grundlage der Friedenseuphorie von 2010 gezimmert. Sie geht von der wahrscheinlichsten Bedrohungslage aus, und nicht von der gefährlichsten. Das ist verfassungswidrig, denn die Armee muss Krieg verhindern und die Schweiz verteidigen.»
- Verfehlter Kernauftrag: « Die in Art. 52 des Militärgesetzes formulierten subsidiären Aufgaben gehen am Verfassungsauftrag der Armee vorbei. Die Armee soll helfen, wenn es eine nationale Katastrophe gibt. Aber nicht, wenn im Kanton Uri der Schächenbach übers Ufer tritt.»
«Das Gesamtkonstrukt ist vernünftig»
Der Urner CVP-Ständerat Isidor Baumann will den Vorwurf nicht gelten lassen, die Armeereform sei rein finanz- und nicht etwa vernunftgesteuert. Wie die überiwegende Mehrheit des Ständerats begrüsst er die WEA im Grundsatz, in Einzelfragen – etwa der Truppenstärke – sei man sogar über den Vorschlag des Bundesrats hinausgegangen.
Er bezeichnet das Gesamtkonstrukt der Reform als «stimmig», modern und der heutigen Bedrohungslage angemessen:
- Finanzgesteuert, aber überlegt: «Natürlich entbrennt um die Frage der Finanzierung immer ein kleiner Krieg. Schon allein bei den Departementen. Herr Suter lobt den Sollbestand von 200'000 Mann. Der wurde mit 4,4 Milliarden finanziert. Künftig werden der Armee 5 Milliarden zur Verfügung stehen. Obwohl die Gripen-Finanzierung wegfällt.»
- Kleiner, aber besser und effizienter: «Es macht keinen Sinn, sich auf die Grösse des Armeebestandes zu konzentrieren und die Frage der Ausrüstung zu vernachlässigen. Heute ist ein Grossteil der Armee nicht ausgerüstet, das ist ein desolater Zustand. Zudem wird der Effektivbestand nicht halbiert, sondern beträgt künftig mit Bereitschaft der Durchdiener und der stillen Reserve 140'000 Mann.»
- Kernauftrag bleibt gewahrt : «Die Landesverteidigung und Friedensicherung im eigenen Land bleiben wichtigste Aufgaben der Armee, das ist unbestritten. Inwieweit die Armee zivilen Behörden in Notlagen zur Seite steht, ist auch eine Frage des Volkswillens. Das gehört zur Akzeptanz der Armee.»