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Der Kampf gegen die Moderhinke beginnt schon jetzt
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 26.10.2022. Bild: zvg/Beratungsdienst für Kleinwiederkäuer BKG
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Seuche bei Schafen und Ziegen Die Schweiz sagt der «Klauenfäule» den Kampf an

Der Bundesrat will eine verbreitete Tier-Krankheit ausrotten. Vor der nationalen Kampagne starten kantonale Projekte.

Es ist ein grausiger Anblick: Die Klauen von Schafen und Ziegen entzünden sich, das Horn löst sich auf, es «vermodert» richtiggehend. Die Tiere haben grosse Schmerzen, sie hinken. Aus diesem Grund trägt die Krankheit den offiziellen Namen «Moderhinke». Kranke Tiere liegen viel herum, müssen sich beim Fressen auf ihren Vorderknien abstützen. Häufig fressen sie dadurch weniger und magern ab.

Die Moderhinke oder Klauenfäule ist damit eine Qual für die Tiere, sie verursacht aber auch wirtschaftliche Schäden bei den Tierhalterinnen und Tierhaltern. Denn die bakterielle Krankheit ist hoch ansteckend und weit verbreitet. Sie kommt in jeder vierten Herde oder bei jedem sechsten Tier vor, wie das zuständige Bundesamt schreibt.

Nationale «Moderhinke-Sanierung» ab 2024

Ab 2024 soll die Krankheit in der Schweiz ausgerottet werden. Das hat der Bundesrat beschlossen. Zuerst werden dafür alle Schafherden systematisch auf die Krankheit getestet. Möglich ist dies mit einem PCR-Test, wie von Corona bekannt. Mit einem Wattestäbchen werden Proben von den Klauen genommen und dann in einem Labor untersucht.

Der Aufwand ist gross. In der Schweiz gibt es immerhin knapp 350'000 Schafe, wie der Agrarbericht 2021 des Bundesamts für Landwirtschaft zeigt. Deshalb beginnen die Kantone bereits zwei Jahre vor dem eigentlichen Kampagnenstart mit dem Kampf gegen die Moderhinke. Besitzerinnen und Besitzer von Schafherden können bereits früher freiwillig ihre Herden «sanieren», wie es im Fachjargon heisst.

Die Ostschweiz hat es schon versucht

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Legende: Auch Steinböcke (hier bei Pontresina) können die «Klauenfäule»-Erreger tragen. Keystone/Gian Ehrenzeller

Seit Anfang der Neunzigerjahre wird die Moderhinke der Schafe im Kanton Graubünden systematisch bekämpft. Später kamen auch Glarus und das Fürstentum Liechtenstein dazu.

Trotzdem kommt es immer wieder zu Rückschlägen durch Wiedereinschleppung der Krankheit in bereits sanierte Herden. Eine mögliche Ursache dafür ist die Sömmerung von Schafen aus verschiedenen Kantonen auf Ostschweizer Gemeinschaftsalpen.

Generell gibt das zuständige Bundesamt zu bedenken, dass es viele mögliche Verbreitungswege für die Krankheit gibt. Der Erreger könne möglicherweise auch durch ungenügend gereinigte Klauenwerkzeuge oder Transportfahrzeuge übertragen werden. Auch Viehmärkte könnten zur Verbreitung beitragen.

Die Bakterien können wohl auch zwischen verschiedenen Tierarten zirkulieren. Betroffen sind neben Schafen und Ziegen zum Beispiel auch Steinböcke.

«Wir erwarten auf den Start der Kampagne eine Belastungsspitze bei Tierärzten, bei den Labors und den Schafhalterinnen», erklärt die Solothurner Kantonstierärztin Chantal Ritter. «Mit diesem Pilotprojekt sorgen wir dafür, dass die Schafhalter dann nicht anstehen müssen.» Zudem könne man aus dem Pilotprojekt allenfalls bereits Lehren ziehen, damit dann 2024 beim Start der eigentlichen Kampagne alles reibungslos läuft.

Angst beim Schafhalter im Bucheggberg

Das Pilotprojekt ist freiwillig. Kantone und Bund locken damit, dass sie einen Teil der Kosten übernehmen. Trotzdem ist Schafhalter Bruno Bartlome noch skeptisch. Er hält im Weiler Mühledorf im Solothurner Bucheggberg eine Herde von gut 30 Tieren. «Ich weiss noch nicht, ob ich beim Pilotprojekt mitmache», erklärt er gegenüber SRF.

Zwei Bauern halten ein Schaf in einer Art Liegestuhl
Legende: Das Klauenschneiden (im Bild eine Aufnahme aus dem Kanton Graubünden von 2011) gehört zur Prophylaxe gegen die «Klauenfäule». Keystone/Arno Balzarini

Denn die «Moderhinke-Sanierung» ist auch für ihn mit viel Arbeit verbunden. Ist eine Herde nämlich infiziert, werden zuerst bei allen Tieren die Klauen geschnitten. Anschliessend kommen die Tiere für zehn Minuten in ein Desinfektionsbad. Dieses Bad muss einmal pro Woche über mehrere Wochen hinweg wiederholt werden.

«Wenn ich zwei bis drei Tiere gleichzeitig ins Bad stellen kann, dann brauche ich anderthalb Stunden, bis ich alle meine Tiere gebadet habe», rechnet Bartlome vor. Er befürchtet, dass er diesen ganzen Aufwand nach dem offiziellen Kampagnenstart noch einmal betreiben müsste. «Meine Angst ist, dass sich die Tiere bis 2024 noch einmal anstecken.»

Die Angst ist nicht ganz unberechtigt. In den Kantonen Graubünden, Glarus und im Fürstentum Liechtenstein ist die «Klauenfäule» noch immer nicht ausgerottet, obwohl sie seit Jahren systematisch bekämpft wird. Wahrscheinlich wird sie immer wieder neu eingeschleppt. Genau dies wollen die Behörden mit der flächendeckenden Ausrottung in der Schweiz ab 2024 verhindern.

Regional Diagonal, 26.10.2022, 16:30 Uhr;

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