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Sex gegen Bussen-Erlass Offene Türen für Polizisten in Genfer Bordellen

Eine Polizeiaffäre erschüttert den Kanton Genf. Gegen mehrere Polizeibeamte läuft eine interne Untersuchung. Es soll sich um Amtsgeheimnisverletzung und Korruption im Rotlichtmilieu handeln.

Die Rue de Berne führt direkt ins Rotlichtviertel von Genf. Hier verkaufen Frauen aus Lateinamerika und Osteuropa auf der Strasse und in Schaufenstern ihren Körper. Und hier im Pâquis-Quartier sollen über 20 Genfer Polizisten Gratissex bezogen haben.

Es gibt nicht nur einen Salon, sondern mehrere Bordelle, in denen die Polizisten offene Türen erwarten.
Autor: Lisa Bordellbetreiberin

Die Bordellbetreiberin Lisa sagt: «Es gibt nicht nur einen Salon, sondern mehrere Bordelle, in denen die Polizisten offene Türen erwarten.» Sie macht eine Pause. «Oder noch deutlicher: sie kriegen dort Gratissex.»

Sie habe mit vielen verschiedenen Bordellbesitzern geredet. Wenn einige davon eine Busse drohte, da sei dies der Preis gewesen: Eine Stunde mit einem Polizisten ins Bett. Manchmal auch ein bisschen mehr. «Das ist das einzige, das sie zahlen müssen», so Lisa.

Videos mit Polizisten beim Gratissex

Der Verdacht wiegt schwer: für Gratissex sollen einige Polizisten auf Bussen verzichtet haben. Auf dem Handy eines verhafteten Zuhälters habe die Staatsanwaltschaft laut einem Bericht der Genfer Zeitung «GHI» eine Menge belastendes Material mit Polizisten gefunden.

Lisa erzählt, dass bereits ums Jahr 2010 mehrere Bordelle in Genf Überwachungsvideos besessen hätten, die Polizisten zeigen wie sie sexuelle Behandlungen erhalten. Diese hätten es nicht einmal für nötig befunden, mit den Prostituierten auf ein Zimmer und aus dem Sichtfeld der Kameras zu gehen.

Staatsanwalt und Staatsrat schweigen

Seit letzter Woche ermittelt die Genfer Staatsanwaltschaft wegen mutmasslicher Korruption bei der Polizei. Generalstaatsanwalt Olivier Jornot lehnt ein Interview ab.

Solche verwerflichen Charakterschwächen haben keinen Platz in unserer Polizei.
Autor: Mario Poggia Staatsrat in einer Email an die Polizei

Ebenfalls nicht vor der Kamera reden will der für die Polizei zuständige Staatsrat Mauro Poggia. Er hat an alle Genfer Polizisten ein E-Mail geschrieben, das Schweiz Aktuell vorliegt. Darin schreibt der Staatsrat: «Die Ehrlichkeit ist nicht verhandelbar.» Und weiter: «Solche verwerflichen Charakterschwächen haben keinen Platz in unserer Polizei.» Seither schweigt Poggia zur Polizeiaffäre.

Politiker wollen Aufklärung

Der Schleier um die Genfer Polizei soll gelüftet werden, fordert jetzt die Politik. Nicht zuletzt damit die grosse Mehrheit der Polizisten, die korrekt arbeitet und sich nichts zu Schulden kommen lässt, wieder in Ruhe patrouillieren kann.

Fehlbare Polizisten müssen suspendiert werden und sich vor der Justiz verantworten.
Autor: Diego Esteban SP-Grossrat

«Es gibt Fotos, die Polizisten beim Gruppensex zeigen», sagt der Genfer SP-Grossrat Esteban Diego. Das sei zwar nicht illegal, aber die Polizisten hätten sich erpressbar gemacht. «Stellen Sie sich vor: Jemand begeht einen Verstoss gegen das Gesetz und kann dann dem Polizisten sagen: Entweder Du lässt mich springen, oder ich veröffentliche die Fotos von dir mit Prostituierten». Das sei eine Gefahr für die Sicherheit im Kanton Genf.

Doch sie sind weiter im Dienst

Diego Esteban verlangt in einer dringenden Anfrage an die Regierung, dass die Korruptionsaffäre restlos aufgeklärt wird. «Man muss jetzt sofort handeln», sagt der Grossrat, «fehlbare Polizisten müssen suspendiert werden und sich vor der Justiz verantworten.» Ein solches Verhalten sei nicht tolerierbar von Personen, die eigentlich die Einhaltung von Gesetzen überwachen sollten.

Recherche von Schweiz Aktuell zeigen, dass die mutmasslich fehlbaren Polizisten weiterhin im Rotlichtviertel im Dienst sind.

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