Im Club, an der Bar oder im Schwimmbad: Sexuelle, sexistische oder queerfeindliche Belästigungen gehören für Frauen und queere Menschen zum Alltag. Die Stadt Bern wird deshalb aktiv und bietet neu online das Meldetool « Bern schaut hin » an.
Sexismus, Queerfeindlichkeit und sexualisierte Belästigungen gehen uns alle an.
Betroffene oder Menschen, die Belästigungen beobachtet haben, können auf der Plattform eine anonyme Meldung machen. «Wir wollen die grosse Dunkelziffer ausleuchten», sagt Projektleiterin Mirjam Baumgartner.
Denn 60 Prozent aller weiblichen Personen hätten bereits Erfahrungen mit unerwünschten sexualisierten Berührungen gemacht, wie eine repräsentative Befragung 2019 gezeigt habe. «Sexismus, Queerfeindlichkeit und sexualisierte Belästigungen gehen uns alle an.»
Die Gesellschaft solle sich verändern, es solle niemand mehr damit rechnen müssen, dass einem hinterhergepfiffen wird, dass man an der Tramhaltestelle blöd angeschaut oder man im Bus vom Sitznachbarn begrapscht werde, so Baumgartner. «Mit dem Meldetool wollen wir vor allem erreichen, dass Belästigungen nicht mehr als normal wahrgenommen werden.»
Erlebnisse anonym deponieren
Im Meldetool kann man erfassen, wo, wann und auf welche Art eine Belästigung erlebt oder beobachtet wurde. Weiter kann man angeben, worauf die Belästigung abzielte – etwa auf das Geschlecht oder auf die Grösse. Für akute Fälle ist eine Notrufnummer hinterlegt, die Meldestelle ist aber eher darauf ausgelegt, eine Meldung im Nachhinein zu machen.
Belästigungen werden ernst genommen.
Folglich hat die Meldestelle keinen direkten Nutzen für Betroffene, ausser dass sie ihr Erlebnis anonym deponieren können. Die Stadt Bern versteht die Stelle als Sensibilisierungstool für die ganze Bevölkerung – und will damit ein Umdenken in den Köpfen anregen.
Mit jeder Meldung setze man ein Zeichen. «Belästigungen sind meldewürdig und werden ernst genommen», schildert Mirjam Baumgartner den Hintergrund.
Zürich hat schon Erfahrungen gesammelt
Das Meldetool sei ein Bedürfnis Betroffener, ein niederschwelliges Angebot, welches genutzt werde, wie das Pendant «Zürich schaut hin» zeige.
In der Stadt Zürich gibt es die Meldestelle seit zwei Jahren. In 85 Prozent der Fälle wurden Männer als Belästiger angegeben, mehrheitlich wurden verbale Belästigungen gemeldet.
Die Stadt Bern will die Meldungen ebenfalls statistisch auswerten und danach allenfalls konkrete Massnahmen ergreifen. Die gesammelten Zahlen sollen dabei helfen, die Arbeit in der Prävention und Intervention besser zu machen.