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Sieg von Nemo am ESC They, xier, en: Wie soll ich non-binäre Menschen ansprechen?

Nemos Sieg am Eurovision Song Contest rückt ein Thema in den Fokus: Wie spricht man mit oder über Menschen, die sich als nichtbinär definieren? Eine Spurensuche gegen die Sprachlosigkeit.

Was bedeutet nichtbinär? Nichtbinäre oder genderqueere Menschen identifizieren sich nicht oder nur teilweise mit den herkömmlichen Geschlechtern weiblich und männlich. Das hat nichts mit körperlichen Merkmalen oder der sexuellen Orientierung zu tun. Es geht um die Geschlechtsidentität. Nemo schrieb beim Outing im letzten November auf Instagram, sich nie im eigenen Körper daheim gefühlt zu haben. Die Entdeckung der nichtbinären Geschlechtsidentität sei befreiend gewesen.

Wieso bevorzugen Nichtbinäre eine genderneutrale Anrede? Nonbinäre Menschen mit «Herr/Frau» oder rein maskulinen/femininen Pronomen anzusprechen, kann verletzend sein. Auch «es» wird in der Community eher als abwertend wahrgenommen. Dass viele Leute ihre Mitmenschen als «weiblich» oder «männlich» lesen wollen, sei eine Challenge für Nichtbinäre, sagt Dani Schiessl vom Verein Queer Mittelland. «Ich muss mich oft erklären, weil ich körperlich eher männlich wirke. Doch es ist ein Trugschluss zu glauben, dass man einem Menschen die Pronomen einfach ansieht. Es geht um Identität.»

Trans, cis, intergeschlechtlich: Glossar zu weiteren Begriffen

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Das Transgender Network Switzerland (TGNS), eine Organisation von und für trans Menschen, definiert wie folgt:

  • Trans Menschen  haben eine andere Geschlechtsidentität, als ihnen bei der Geburt zugeteilt wurde. Trans Menschen insgesamt sind kein separates oder drittes Geschlecht.
  • Personen, deren Geschlecht mit der Zuteilung bei Geburt übereinstimmt, nennt man  cis Menschen . Das Gegenteil von trans ist cis.
  • Nichtbinäre Personen  sind weder (ausschliesslich) Männer noch (ausschliesslich) Frauen. Viele, aber nicht alle, sehen sich als Teil der trans Gemeinschaft.
  • Genderfluid  bezeichnet Personen, die sich jenseits der Binarität identifizieren und zwischen verschiedenen Formen des geschlechtlichen Ausdrucks und Empfindens wechseln.
  • Intergeschlechtliche Menschen  werden mit Geschlechtsmerkmalen geboren, welche gleichzeitig weiblich und männlich, nicht ganz weiblich oder männlich oder weder weiblich noch männlich sind. Intergeschlechtlichkeit betrifft körperliche Merkmale wie Chromosomen, Geschlechtsmerkmale oder Hormonfunktionen.

Welche genderneutralen Pronomen gibt es? Während im Englischen die Personalpronomen «they/them» und im Schwedischen «hen» verwendet werden, konnte sich in der deutschen Sprache keine Bezeichnung für nichtbinäre Personen durchsetzen. «They/them» verbreitet sich im deutschsprachigen Raum langsam, darüber hinaus existieren weitere Personalpronomen wie «xier» und «dey». Der Verein für geschlechtsneutrales Deutsch schlägt vor, «en» für «er/sie» sowie «ensen» für «ihren/seinen» zu benutzen. Wegen des komplexen Flexionssystems lässt sich ein genderneutrales Pronomen im Deutschen aber nur schwer etablieren.

Wie spreche ich nichtbinäre Menschen richtig an? Eine bewährte Methode: auf Pronomen verzichten. Statt in Bezug auf Nemo von «seinem Hund» zu sprechen, neutral auf «der Hund von Nemo» oder «Nemos Hund» setzen und statt «er/sie» den Namen wiederholen. Bei der Anrede kann auf genderneutrale Grussformeln wie «Guten Tag + Vor-/Nachname» oder «Hallo + Vorname» gesetzt werden. Auch Genderstern oder Unterstrich (beispielsweise Musiker*in oder Musiker_in) können dazu führen, dass sich nichtbinäre Menschen wahrgenommen fühlen.

Wie ist die juristische Lage in der Schweiz?

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Anders als in Deutschland und Österreich ist es hierzulande nicht möglich, beim Eintrag ins Personenstandsregister neben «männlich» und «weiblich» auch «divers» oder «ohne» zu wählen. Nemo sagte bei der Rückkehr aus Malmö gegenüber SRF, sich für einen dritten Geschlechtseintrag einsetzen zu wollen. Justizminister Beat Jans signalisierte Gesprächsbereitschaft.

In der queeren Community hofft man nach Nemos Sieg auf mehr Verständnis. «Der dritte Geschlechtseintrag wäre ein wichtiger Schritt, dass nichtbinäre Menschen gesehen und ernst genommen werden», sagt Dani Schiessl vom Verein Queer Mittelland.

Was tun, wenn ich die gewünschten Pronomen nicht kenne? Die Zauberformel lautet: Nachfragen. Genauso, wie wir Menschen beim Kennenlernen nach ihrem Namen fragen, kann man sich auch nach der gewünschten Anrede erkundigen. «Das ist ein Zeichen von Respekt und Anerkennung und in der queeren Community bereits üblich», sagt Frédéric Mader vom Transgender Network Switzerland (TGNS). Auch die eigenen Pronomen von sich aus zu nennen, kann das Eis brechen. Weitere Hinweise liefern E-Mail-Signaturen und Social Media, wo viele Personen die gewünschte Anrede angeben.

Was, wenn mir eine falsche Anrede herausrutscht? Nemo schrieb dazu auf Instagram, dass es schwierig sein könne, sich daran zu gewöhnen. «Aber eure Bereitschaft zu lernen und eure Akzeptanz meines wahren Selbst bedeuten mir mehr, als es von Anfang an richtigzumachen.» Für falsche Ansprachen zeigen auch Frédéric Mader und Dani Schiessl Verständnis: «Das kann passieren und ist in Ordnung. Wichtig ist, dass man versucht, die richtigen Ansprachen zu verwenden und sich bei Fehlern korrigiert», sagt Schiessl.

So geht SRF mit Bezeichnungen nichtbinärer Personen um

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«SRF strebt eine diskriminierungsfreie, gendergerechte und inklusive Sprache an, innerhalb dieser sowohl Gleichstellung, Diversität als auch Minderheiten respektiert werden.

Nemo ist nichtbinär, dementsprechend passen wir unsere Schreibweise an. Auch orientieren wir uns in solchen Fällen an Selbstbezeichnungen der entsprechenden Personengruppen. Demzufolge werden die publizistischen Leitlinien fortlaufend überarbeitet und wir sind bestrebt, die Selbstbezeichnung von nichtbinären und anderen Personengruppen und unseren Umgang damit zu definieren.»

SRF-Medienstelle

Tagesschau, 13.05.2024, 12:45 Uhr

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