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Siesta, Hitze und Tabus Warum hat das Nickerchen am Mittag einen schweren Stand?

  • Kurz die Füsse hochlegen, die Augen schliessen, entspannen: Dass ein Powernap, ein kurzes Nickerchen am Mittag gesund ist, weiss man schon lange.
  • In der Schweiz tut sich die Siesta aber schwer.
  • Der Mittagsschlaf hat sich bislang kaum durchgesetzt, obwohl innovative Firmen versuchen, ihn ihren Mitarbeitenden schmackhaft zu machen.

Eine Runde Pingpong. Eine Partie Billard. Oder: ein Powernap über Mittag. Der Versicherungskonzern Axa will seinen Mitarbeitenden etwas bieten. «Für uns ist es als Arbeitgeberin wichtig, dass unsere Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, sich zu erholen, wenn Bedarf danach besteht», sagt die Leiterin Workplace Management bei der Axa, Stefanie Schmucki.

Menschen liegen auf Liegen in einem ruhigen Raum.
Legende: Auch wenn das Nickerchen am Mittag Wunder wirken kann: Powernapping setzt sich in Schweizer Firmen schwer durch. Keystone/FRANCO GRECO

In südlichen Ländern gehört die Siesta allein schon aufgrund der Sommerhitze ganz einfach dazu. Doch auch bei uns könnte man enorm profitieren, sagt die Bestseller-Autorin zum Thema Powernap, Sara Mednick, Professorin für kognitive Wissenschaften an der Universität Irvine in Kalifornien: «Ein Nickerchen am Tag hat die gleichen Vorteile wie eine ganze Nacht Schlaf – für Kreativität, emotionale Stabilität, Entscheidungsfindung und Konzentrationsfähigkeit.»

Mittagsschlaf reduziert Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Wie gesund ein Nickerchen am Mittag ist, hat auch eine Studie des Universitätsspitals Lausanne 2019 untersucht. 3400 Personen wurden fünf Jahre lang beobachtet. Das Ergebnis: Wer sich 1 bis 2 Mal pro Woche einen kurzen Mittagsschlaf gönnt, hat ein um 48 Prozent geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Menschen, die nie mittags schlafen.

Aber: Warum bieten nur wenige Firmen ihren Mitarbeitenden an, einen Mittagsschlaf zu machen? Und: Warum machen selbst in Firmen, die das anbieten, gemäss Untersuchungen oft nur wenige Mitarbeitende davon Gebrauch?

Möglicherweise sind die meisten eher nicht in der Lage, einen Mittagsschlaf zu machen, weil damit verbunden ist, dass ich mich vom Arbeitsalltag distanzieren kann.
Autor: Serge Brand Forschungspsychologe und Psychotherapeut Universität Basel

Laut Schlafforscher Serge Brand von den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel sei man es in unserer Leistungsgesellschaft nicht gewohnt, am Mittag zu schlafen. Und zudem könnten es viele gar nicht. «Möglicherweise sind die meisten eher nicht in der Lage, einen Mittagsschlaf zu machen, weil mit dem Einschlafen verbunden ist, dass ich mich gedanklich und gefühlsmässig vom Alltag, vor allem vom Arbeitsalltag, distanzieren kann. Und genau das ist eine grosse Schwierigkeit fürs Ein- und Durchschlafen.» Dies könne man – so Psychotherapeut Brand – allerdings trainieren.

Tagesschau, 15.08.2025, 19:30 Uhr ; 

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