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Silent Reading Rave in Zürich Sie kommen zusammen, um in Stille zu lesen

Weder Tanz noch Musik, dafür ganz viel Stille: Am Silent Reading Rave finden Leseratten kurz Zeit, um in Ruhe zu lesen.

Es ist Samstagmittag, mitten in der Stadt Zürich, draussen ist es drückend heiss. Trotzdem finden sich rund zwei Dutzend, primär jüngere Menschen im Gleis zusammen, einer Café-Bar, direkt neben dem Bahngleis im Kreis 5. Sie gehen zur Bar, bestellen sich etwas zu trinken und nehmen im Lokal Platz.

Was dann folgt, ist Stille. Stille, so wie man sie sonst wohl nie in einer angesagten Zürcher Bar vorfindet. Aber das hat einen Grund: Es ist Zeit für den Silent Reading Rave. Und der Name ist Programm. Während zwei Stunden wird hier in Stille und Ruhe gelesen. Egal, ob in einem Buch, am Tablet oder am Laptop.

Einfach mal abschalten

«Ich lese generell mega gerne und finde es schön zu wissen, dass hier alle in ihren Büchern verloren sind», sagt eine junge Frau. Eine andere Frau, die sonst normalerweise nicht viel liest, wurde von ihrer Freundin dazu bewogen, mitzukommen.

Doch da sprang der Funke über. Sie sei beim ersten Mal relativ weit vorangekommen mit Lesen. Daraufhin wollte sie erneut teilnehmen, «um einfach mal abzuschalten von Social Media und der Aussenwelt», ergänzt sie.

Menschen am Tisch lesen
Legende: Während der Veranstaltung muss man still sein, damit alle in Ruhe lesen können. SRF/Kaa Linder

Die andauernde Ablenkung von internetkompatiblen Geräten, von Alltagsanforderungen, vom hektischen Leben – das weckt offenbar in vielen Menschen den Wunsch, abzuschalten und sich gezielt für etwas Zeit zu nehmen. So stört es auch keine Teilnehmende, dass man sich hier trifft, um gemeinsam aber doch alleine zu lesen.

Ein wichtiger Punkt ist, dass man sich bewusst diese Zeit freihält.
Autor: Linda Co-Präsidentin Verein Silent Reading Rave

«Es ist einfach so ein schönes Communitygefühl», sagt eine andere junge Lesebegeisterte. Sie finde im Alltag selten Zeit, um konzentriert zu lesen. Hier aber nehme man sich Zeit, um zu lesen, und das mache es eben aus.

Das sieht auch Linda, die Co-Präsidentin des organisierenden Vereins, so: «Ich glaube wirklich, dass das ein wichtiger Punkt ist, dass man sich bewusst diese Zeit freihält.»

Menschen lesen an Tischen in einem Café
Legende: Was andere lesen, kann als Inspirationsquelle dienen. SRF/Kaa Linder

Diese Silent Reading Raves gibt es in Zürich bereits seit sechs Jahren. Der gleichnamige Verein ist zwar hauptsächlich in Zürich tätig, doch auch in anderen Städten finden immer wieder mal solche Events statt. So etwa in Basel, St. Gallen, Winterthur, Lenzburg oder auch im Tessin gab es das bereits.

Wachsendes Interesse

Und das Angebot stösst offenbar auf wachsendes Interesse: So organisiere der Verein im Schnitt zwei bis drei Raves pro Monat. Letztes Jahr seien es über 30 Raves gewesen. Die Tendenz steigend.

Spannend daran: Die Lese-Events finden nicht immer am selben Ort statt. In Zürich sei es zwar meistens das Café Gleis an der Zollstrasse. Es gab aber auch schon Veranstaltungen in einem Park oder Museum. Im Schnitt kämen in Zürich etwa 60 Leute an eine Veranstaltung.

Und wie bei allen gesellschaftlichen Zusammenkünften ist es auch beim Silent Reading Rave so, dass sich die Teilnehmenden teilweise kennenlernen. Es gebe auch so etwas wie ein Stammpublikum, so Co-Präsidentin Linda. Es sei auch spannend zu sehen, wer was liest. Davon könne man sich auch inspirieren lassen, um ein Werk selbst mal zu lesen. Was nach jeder Veranstaltung jeweils bleibe, sei ein gutes Gefühl und die Lust, weiterzulesen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 1.7.2025, 17:30 Uhr ; 

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