Johannes Kaufmann hat so einiges erlebt während seiner Zeit als Tierarzt. Er hat jahrelang eine Praxis in Wangen bei Olten betrieben und weiss, dass es beim Erlebten selten nur um die Tiere geht, sondern auch um deren Besitzerinnen und Besitzer. Vom Verhältnis Haustier – Mensch erzählt der pensionierte Tierarzt (65) in seinem Buch. Er schildert darin auch witzige Momente.
Tanga im Hundemagen
Labradorhund Nero zum Beispiel ging es schlecht. Er konnte nur liegen und musste immer wieder erbrechen. Der Hund musste operiert werden und im Magen des Tiers kam Überraschendes zutage: «Der Fremdkörper entpuppte sich als schwarzer Damenslip, Typ Tanga, aus synthetischem Material.» Der Slip wurde entfernt, gewaschen und dem Besitzer-Ehepaar übergeben.
«Damit schien eine Bombe beim Ehepaar eingeschlagen zu haben.» Der Slip stammte nämlich nicht von der Frau. Der Tierarzt versuchte, den Streit im Sprechzimmer zu schlichten, vergeblich. Die Ehefrau war wütend: «Gib es zu, du Arschgesicht, du hast eine Affäre, mit der du im Wallis warst. Dort hat Nero das eklige Ding gefressen, nun haben wir die Bescherung!», liest man im Buch.
Es komme oft vor, dass Tiere Socken fressen würden. Bei synthetischen Socken, oder jenem Tanga mit elastischen Gummibändern sei das ein grosses Problem. «Das führt zu einem linearen Fremdkörper im Dünndarm, das kann für Hunde gravierend sein.»
Er helfe in erster Linie den Tieren, sagt Johannes Kaufmann. Er sei aber ebenso Psychotherapeut für den Menschen wie Arzt für die Tiere: «Wenn ich sehe, dass eine Katze gestresst ist, eine Blasenentzündung hat, und der Besitzer auch gestresst ist, dann muss man allenfalls zusammen schauen, was los ist. Vielleicht ist der Besitzer auch gestresst, weil er gerade seinen Job verloren hat.»
Er spricht auch Privates an. Ein Hirtenhund, dessen Aufgabe es ist, die Familie als Herde zusammenzuhalten, sei traumatisiert, wenn er bei einem getrenntlebenden Paar abwechslungsweise wohne, sagt Johannes Kaufmann.
Aufwändige Todesrituale
Oft gehe es in einer Tierarztpraxis auch um den Tod eines Haustiers. Zum Beispiel musste der schwer kranke und schwache Hund Hatschi eingeschläfert werden. Der Hundehalter wünschte sich ein aufwändiges Ritual.
Der Hundebesitzer wünschte sich Folgendes: «Rosenblätter auf dem Boden des Sprechzimmers, ein mit Blumen ausgeschmücktes Liegekissen, umgeben von Kerzen, die in Herzform angeordnet sind. Räucherstäbchen. Ich werde für die passende Musik sorgen, an die Untersuchungslampe über dem Tisch hänge ich einen Traumfänger.» Gesagt, getan, Johannes Kaufmann kam dem Wunsch nach.
Ist das Verhältnis Mensch – Tier heutzutage gestört? «Die Menschen haben im Tier oft einen Partner gefunden, der bedingungslose Liebe und Zuneigung gibt. Und das in einem Umfeld, wo das sonst nicht möglich ist.» Da habe er Verständnis, sagt der Tierarzt.
Unverständlich aber fände er Tiere, die aufgrund einer Überzüchtung kaum atmen können: «Es gibt Rassen, die einen schweren Rucksack mit sich tragen. Sie können oft nicht atmen. Klar, wir operieren sie, damit sie wieder atmen können. Aber das Grundprinzip ist damit nicht gelöst», sagt der erfahrene Veterinär.
Nebst den heiteren oder skurrilen Momenten gibt es im Leben eines Tierarztes also auch Bedenkliches. Das gehöre zum Leben dazu, sagt der Autor, und erwähnt diese Geschichten bewusst auch.