Worum geht es? Gentests können wichtige Hinweise liefern, um in der forensischen Ermittlungsarbeit ein Täterprofil zu erstellen. Eine sogenannte Phänotypisierung ist bis jetzt in der Schweiz nicht zugelassen. Diese ist der Kern des DNA-Profil-Gesetzes, über das der Nationalrat als Erstrat debattiert hat.
Was ist das Problem? In der Schweiz dürfen nur vorhandene Datenbanken beigezogen und nur das Geschlecht bestimmt werden. Durch genauere Bestimmungen von DNA-Proben könnten Profile von Täterinnen und Tätern erstellt werden. Das revidierte DNA-Profil-Gesetz soll die DNA-Phänotypisierung ermöglichen.
Wer hat die Gesetzesrevision angestossen? Alt-Nationalrat Albert Vitali (FDP/LU) hat die Motion «Kein Täterschutz für Mörder und Vergewaltiger» nach der Vergewaltigung einer jungen Frau in Emmen LU im Juli 2015 eingereicht.
Was soll in Zukunft gelten? Künftig sollen aus einer DNA-Spur auch die Augen-, Haar- und Hautfarbe, die biogeografische Herkunft und das Alter bestimmt werden können. Auch weitere Merkmale soll der Bundesrat festlegen können, wenn sich ihre Bestimmung als zuverlässig erweist. Die Phänotypisierung soll zum Einsatz kommen, um schwere Verbrechen, welche mit einer maximalen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestraft werden, auf Anordnung der Staatsanwaltschaft, aufzuklären – wie beispielsweise Vergewaltigung, Mord oder Raub.
Die Vorlage soll auch den Verwandtensuchlauf regeln, wenn die DNA-Datenbank keinen Treffer meldet und alle Ermittlungen ergebnislos geblieben sind. Ergibt sich in der Datenbank eine Übereinstimmung, wird im Kreis der Verwandten gesucht.
Was sind Argumente der Gegner? Die Phänotypisierung greift laut Marionna Schlatter (Grüne/ZH) schwer in die Grundrechte ein. Zudem könnten ganze Bevölkerungsgruppen in den Fokus von Ermittlungen geraten. Es gebe zu wenige Restriktionen für die Anwendung des Verfahrens, so Schlatter.
Was sind Argumente der Befürworter? «Technische Fortschritte müssen im Gesetz verankert werden, damit Verbrechen aufgeklärt werden können», forderte Andrea Geissbühler (SVP/BE). Maja Riniker (FDP/AG) sagte, der Staat sei es den Opfern von Straftaten schuldig, alles zu unternehmen, damit Tatverdächtige aufgespürt werden könnten. Die Methode sei ideologieneutral und verlässlicher als Aussagen von Augenzeuginnen und -zeugen, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter.
Wie steht es um das Argument der Diskriminierung? In den Augen der Befürworter im Rat und des Bundesrates richtet sich die Phänotypisierung nicht gegen eine bestimmte Person, sondern dient der Eingrenzung von Personenkreisen bei einer Ermittlung.
Was wurde entschieden? Der Nationalrat hat den Änderungen im DNA-Profil-Gesetz und in der Strafprozessordnung zugestimmt. Die Vorlage wurde mit 125 zu 54 Stimmen bei 12 Enthaltungen angenommen. Sie wird als Nächstes im Ständerat behandelt.