Zwei Jahre nach dem Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen sei die Schweiz in ihren Sondierungen mit der EU keinen Schritt weitergekommen. Das berichtete die «Sonntagszeitung». Sie stützte sich dabei auf Notizen aus einem Treffen des Bundes mit Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen. Es gebe keinen Spielraum für neue Lösungsansätze, obwohl der Bundesrat bereits Eckwerte für ein Verhandlungsmandat ausarbeiten lässt.
Für den Schweizerischen Gewerbeverband war es eines der regelmässigen Treffen, bei denen Arbeitgeber und Arbeitnehmerverbände mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft über die Entwicklungen im Bereich Arbeitsmarkt sprechen. Dort geht es um das Personenfreizügigkeitsabkommen – Streitpunkte sind der Lohnschutz und die Unionsbürgerrichtlinie.
Kaum Bewegung in Streitpunkten?
Vor zwei Jahren wurde das Rahmenabkommen abgebrochen, weil diese beiden Bereiche nicht von der Übernahme von EU-Recht ausgenommen werden konnten. Aber heute sei man trotz einiger Treffen nicht weiter, konstatiert Henrique Schneider, Vizedirektor des Gewerbeverbands: «Alles, was ich jetzt gesagt habe, hätte ich auch schon vor zwei Jahren zum Rahmenabkommen sagen können. Heute sind wir auf dem gleichen Stand.»
Das ist alter Wein in neuen Schläuchen.
SVP-Nationalrat Franz Grüter teilt diese Ansicht. Dass die Schweiz EU-Recht übernehmen und den Europäischen Gerichtshof als letzte Instanz akzeptieren müsse – daran halte die EU unverändert fest, sagt der Präsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. Wo man noch Kompromisse diskutiere, sei bei den Themen der Gewerkschaften, um diese auch ins Boot zu holen.
Aber diese Themen seien nur Nebenschauplätze, betont Grüter. Am Schluss werde es im Wesentlichen beim Alten bleiben: «Das Verhandlungsmandat wird wohl so aussehen, dass man gewisse Kompromisse in der Personenfreizügigkeit erzielt hat.» Der Rest werde dem Volk wie gehabt vorgelegt. «Das ist alter Wein in neuen Schläuchen.»
Auch für Christa Tobler sind die Themen nach wie vor die gleichen. Das überrasche jedoch niemanden, sagt die Professorin für Europarecht an der Universität Basel. Aber sie bewertet das bisher Erreichte positiver. Es seien sicher noch nicht in allen Punkten gemeinsame Lösungen gefunden wurden. «Aber nach dem, was ich gehört habe, gibt es in einzelnen Punkten neue Aspekte, die bisher noch nicht auf dem Tisch lagen und die für die Schweiz günstig wären.»
Ball liegt beim Bundesrat
Dass das Grundmodell für die Gespräche mit der EU das gleiche sei, betont auch SP-Aussenpolitiker Eric Nussbaumer. Die institutionellen Fragen wie die EU-Rechtsübernahme oder der Europäische Gerichtshof als letzte Instanz würden nicht von selber verschwinden: «Die institutionellen Fragen sind die Kerndebatte zwischen der Schweiz und der EU, damit dieser spezielle Schweizer Weg mit bilateralen Verträgen weitergeführt werden kann.»
Die abtretende Staatssekretärin Livia Leu habe in den Sondierungen einiges erreicht, findet Nussbaumer. Zum Beispiel sei der neue Ansatz der Schweiz positiv aufgenommen worden. Die EU zeigt sich bereit, die institutionellen Fragen in jedem einzelnen bilateralen Vertrag oder Vertragspaket zu regeln.
Zudem gebe es durchaus Spielraum, etwa bei der Unionsbürgerrichtlinie habe man Fragen klären können. Nussbaumer findet, die EU werde die Türe nie zuschlagen. Doch jetzt sei der Bundesrat am Zug, er müsse zurück an den Verhandlungstisch.