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Sozialhilfe für Flüchtlinge Aargau bezahlte Flüchtlingen jahrelang zu wenig Sozialhilfe

  • Der Kanton Aargau hat anerkannten und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen jahrelang zu wenig Sozialhilfe bezahlt.
  • Es geht dabei um Menschen, die in Asylunterkünften leben, weil sie keine Wohnung finden.
  • Die bisherige Praxis verstosse gegen das Bundesrecht und gegen die Flüchtlingskonvention, wie der kantonale Sozialdienst festhält. Nun werden die Beiträge angepasst.

Flüchtlinge sind der einheimischen Bevölkerung gleichgestellt, wenn es um den Bezug von Sozialhilfe geht. So steht es im Bundesrecht. Im Aargau aber wurde dieser Grundsatz seit Jahren missachtet. Flüchtlinge, die in Asylunterkünften lebten, haben Unterstützungsleistungen gemäss Asylrecht erhalten. 9 Franken pro Tag – weniger Geld, als die Sozialhilfe vorsieht.

Ab 1. Oktober erhalten solche Flüchtlinge nun mehr Geld. Der sogenannte «Grundbedarf für den Lebensunterhalt» gemäss Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos). Gemäss der Skos-Website hat eine Einzelperson Anrecht auf 997 Franken pro Monat, eine 4-köpfige Familie zum Beispiel auf 2'134 Franken. Wer arbeitet und einen Lohn erhält, dem wird der Beitrag entsprechend gekürzt.

Gut 700 Franken pro Person

Die Flüchtlinge im Aargau erhalten sowieso nicht den gesamten Betrag. Denn es geht um Menschen, die noch immer in Asylunterkünften wohnen, weil sie keine eigene Wohnung finden. Sie müssen zum Beispiel also keine Energiekosten tragen. Die Beträge würden deshalb gekürzt auf 73.5 Prozent des Grundbedarfs, heisst es in einer Mitteilung der Staatskanzlei. Das sind also gut 700 Franken für eine Einzelperson.

Nicht alle profitieren

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Die Gleichstellung mit der einheimischen Bevölkerung bezüglich Sozialhilfe gilt nur für anerkannte und vorläufig aufgenommene Flüchtlingen (mit Ausweis B und F). Sie gilt aber nicht für vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer (Ausweis F) und Asylsuchende (Ausweis N).

Kürzungen gibt es bei Sozialhilfe-Beiträgen auch für Menschen, welche auf anderem Weg (zum Beispiel durch eine entlöhnte Arbeit) etwas zum eigenen Lebensunterhalt beitragen können.

Die Differenz zum bisherigen Beitrag sei rund 200 Franken, wird der zuständige Abteilungsleiter in der Online-Ausgabe der « Aargauer Zeitung » zitiert. Der Kanton rechnet mit Mehrkosten von gut 500'000 Franken jährlich. Rund 200 Personen kämen in den Genuss der höheren Beiträge.

«Widerrechtliche Praxis»

Die Aargauer Praxis wurde von der Organisation «Netzwerk Asyl» bereits 2006 kritisiert. Die Kantonsverwaltung hatte sich in ihrer damaligen Stellungnahme allerdings darauf berufen, dass die Flüchtlinge in den Asylunterkünften ja von besonderen Leistungen profitierten. Bereits vor einigen Wochen aber hatte der kantonale Sozialdienst angekündigt, die Praxis zu ändern, da sie eben doch widerrechtlich sei.

Noch offen ist die Frage, ob die Flüchtlinge auch rückwirkend Anrecht auf höhere Beiträge haben. Die Aargauer Regierung prüft diese Frage aktuell und wird sie demnächst beantworten. Dazu ist nämlich ein Vorstoss der SP aus dem Kantonsparlament hängig. Die Aargauer SVP reagierte «erstaunt» und kündigte an, sie wolle in Bundesbern per Vorstoss eine Gesetzesänderung erwirken.

Regionaljournal Aargau Solothurn; 12:03 Uhr ; 

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